Judas

Amos Oz | Mirjam Pressler

Preisträger 2015

Amos Oz: Judas
Aus dem Hebräischen von Mirjam Pressler | Habesora al pi Jehuda
Suhrkamp Verlag 2015 | Keter, Jerusalem 2014

„Amos Oz gelingt es meisterhaft, in seinem Roman die großen Fragen und Konflikte der Religions- und Zeitgeschichte im Nahen Osten zu erzählen. Er verschränkt Antike und Gegenwart und stellt den Konflikt zwischen Judentum und Christentum der modernen jüdisch-palästinensischen Realität gegenüber. Der Autor reflektiert mittels seiner drei Roman-Figuren – des weltfremden, unentschlossenen Schmuel Asch, des greisen Zynikers Gershom Wald und dessen verwitweter Schwiegertochter Atalja Abrabanel – souverän sein politisch-historisches Wissen und schafft dadurch ein unkonventionelles Stück Weltliteratur. Der Roman ‚Judas‘ stellt die Frage nach dem Verhältnis von Judentum und Christentum anhand der biblischen Judas-Figur neu. Er verknüpft die Problematik des Verrats mit den realpolitischen Geschehnissen in der Gründungsphase des Staates Israel und im andauernden Nahostkonflikt. Das Geheimnis des Buches ist die Darstellung der Stimmungen zwischen den Konfliktparteien, gespiegelt in den Gesprächen zwischen den drei Protagonisten. Mirjam Pressler gelingt mit der deutschen Übersetzung eine feine Nuancierung des Atmosphärischen, das dieses kluge und mehrschichtig konstruierte Werk durchwirkt und trägt.“, begründet die Jury ihre Entscheidung. (Jurykommentar zur Wahl der Preisträger 2015)

Judas

Das Leben des jungen Schmuel Asch ändert sich im Winter 1959 von Grund auf: Seine Freundin verlässt ihn, seine Eltern melden Konkurs an, er muss sein Studium abbrechen. Er findet Unterschlupf und Arbeit in einem alten Jerusalemer Haus als Gesellschafter für den rhetorisch gewandten und eigentümlichen Gerschom Wald. Dort begegnet er der schönen und unnahbaren Atalja Abrabanel, Tochter eines verstorbenen Anführers der zionistischen Bewegung. Die drei Protagonisten des Romans wohnen zurückgezogen am Rand der Stadt. Doch Begierde und Neugier wandeln sich in verzweifelte Verliebtheit, lassen im Innern des schüchternen und sensiblen Schmuel einen Sturm losbrechen, er beginnt wieder, sich mit seiner Studienabschlussarbeit über “Jesus in der Perspektive der Juden” zu beschäftigen, verliert sich in dem geheimnisvollen Sog, den Judas Ischariot, die Verkörperung des Verrats und der Niedertracht, auf ihn ausübt und unterhält sich nachts mit Gerschom Wald über Ideale des Zionismus, jüdisch-arabische Konflikte, kurz: über Gott und die Welt. Allmählich entschlüsselt er die Geheimnisse der Bewohner des einsamen Hauses, ihre Verstrickungen und die menschliche Tragödie vor und nach der Gründung Israels im Jahr 1948.

Amos Oz, © Jerry Bauer/Suhrkamp Verlag

Der Autor

Amos Oz, geboren 1939 als Amos Klausner in Jerusalem, wo er seine Kindheit verbrachte. 1954 trat er dem Kibbuz Chulda bei und nahm den Namen Oz an, studierte von 1960 bis 1963 Literatur und Philosophie an der Hebräischen Universität von Jerusalem und kehrte nach seinem Bachelor-Abschluss in den Kibbuz zurück. Er ist Mitbegründer und herausragender Vertreter der seit 1977 bestehenden Friedensbewegung Schalom achschaw (Peace now). Bis 2005 lehrte er Hebräische Literatur an der Ben-Gurion Universität des Negev, Beersheba. Für seine Werke, in 37 Sprachen übersetzt, erhielt er zahlreiche Preise und Auszeichnungen.

Zuletzt erschienen:
Unter Freunden, aus dem Hebräischen von Mirjam Pressler; Suhrkamp Verlag 2013 (Ben haverim; Keter, Jerusalem 2012)
Amos Oz & Fania Oz-Salzberger: Juden und Worte, aus dem Englischen von Eva Maria Thimme; Jüdischer Verlag 2013 (Jews and Words; Yale University Press, New Haven 2012)
Geschichten aus Tel Ilan, aus dem Hebräischen von Mirjam Pressler; Suhrkamp Verlag 2009 (Tmunot me-chajej ha-kfar; Keter, Jerusalem 2009)

Mirjam Pressler, © Uten Karen Seggelke/Belz & Gelberg

Die Übersetzerin

Mirjam Pressler, geboren 1940 in Darmstadt, ist Schriftstellerin und Übersetzerin aus dem Hebräischen, Englischen und Niederländischen. Ihre mehr als 30 Kinder- und Jugendbücher wie auch ihre Übersetzungen wurden u. a. mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis, der Carl-Zuckmayer-Medaille für Verdienste um die deutsche Sprache und der Buber-Rosenzweig-Medaille ausgezeichnet. Sie übersetzte u. a. Aharon Appelfeld, David Grossmann, Zeruya Shalev und John Steinbeck. Für ihre Übertragung von Judas erhielt sie 2015 den Preis der Leipziger Buchmesse in der Kategorie Übersetzung.

Zuletzt erschienen:
Zeruya Shalev: Schmerz, übersetzt aus dem Hebräischen; Berlin Verlag 2015 (Ke’ev, Keter, Jerusalem 2015)
Lizzie Doron: Eine unmögliche Freundschaft, übersetzt aus dem Hebräischen; Deutscher Taschenbuch Verlag 2015 (auf Hebräisch bisher unveröffentlicht)
Mira Magén: Wodka und Brot, übersetzt aus dem Hebräischen; Deutscher Taschenbuch Verlag 2015 (Vodka ve Lechem, Kinneret Zmora-Bitan Dvir, Or Jehuda 2012)
Aharon Appelfeld: Auf der Lichtung, übersetzt aus dem Hebräischen; Rowohlt Berlin Verlag 2014 (ʿAd hod ha-tsaʿar Kinneret Zmora-Bitan Dvir, Or Jehuda 2012)
Hila Blum: Der Besuch, übersetzt aus dem Hebräischen; Berlin Verlag 2014 (Ha-bikur; Kinneret Zmora-Bitan Dvir, Or Jehuda 2011)
Amoz Oz: Unter Freunden, übersetzt aus dem Hebräischen; Suhrkamp Verlag 2013 (Ben haverim; Keter, Jerusalem 2012)

Eigene Publikationen:
Wer morgens lacht, Beltz & Gelberg 2014
Ein Buch für Hanna; Beltz & Gelberg 2011