Aquarium

Krisztina Tóth | György Buda

Krisztina Tóth: Aquarium
Aus dem Ungarischen von György Buda | Akvárium
Nischen Verlag 2015 | Magvető Kiadó, Budapest 2013

„Die auch als Lyrikerin bekannte Autorin schildert präzise und nüchtern die Armut einer jüdischen und Roma-Familie im Nachkriegs-Ungarn. Die Figuren des Romans sind in ihrer Verlorenheit und Abweichung vom ‚Normalen‘ mit Humor und stets ohne Ressentiment gezeichnet zwischen Absurdität und Skurrilem. Tóth versenkt ihre Figuren in ein Ensemble enger Räume voller Objekte, die die Handlungen so sehr vorschreiben, dass der eingeschränkte Handlungsraum Symbol einer begrenzten Welt und der Unfreiheit wird. Tóth unterstreicht dies mit minutiösen Beschreibungen von Begleitumständen und einer sprachlichen Geruchsspur, die von Schweiß, Blut, ungewaschenen Kleidern, Müll, billigem Essen oder Fäulnis im titelgebenden Aquarium erzählt. Die Übersetzung von György Buda ist österreichisch gefärbt, aber ebenso liebevoll.“ (Jurykommentar zur Shortlist-Nominierung 2015)

Aquarium

Als Vera von ihrer Ziehmutter Edith aus dem Heim geholt wird, verbessert sich ihre Situation nur unmerklich. In der winzigen Budapester Wohnung hausen die herrische Edith, ihr trinksüchtiger Mann und ihre geistig behinderte Schwester Edu in engen und ärmlichen Verhältnissen. Um das Brennholz zu bezahlen, nehmen sie Zwischenmieter auf, im Winter wird Vera kurzerhand im Krankenhaus einquartiert, und die kaputte Puppe bekommt fremde Beine angeschraubt – mit solchen kleinen Tricks wehrt sich die Familie gegen die Armut, der sie doch nicht entkommen kann. Durch drei Generationen führt die Familiensaga und bietet am Rande einen Ritt durch die ungarische Geschichte vom Kriegsende bis in die 70-er Jahre, die sich im kleinen Alltag der Protagonisten wiederspiegelt. Erzählt wird in kühlem Ton und skurril-seltsamer Buntheit vom freudlosen Leben, Entbehrung, Gewalt, Krankheit und vom Tod dieser Figuren, die aus ihren Handlungsmustern nicht ausbrechen können.

Krisztina Tóth, © Judith Marjai

Die Autorin

Krisztina Tóth, geboren 1967 in Budapest, absolvierte ein Literaturstudium an der Eötvös Loránd Universität in Budapest. Sie war Bildhauerin, lehrt Kreatives Schreiben und übersetzt französische Poesie ins Ungarische. Sie publiziert seit 1989, zuerst Gedichte und seit 2006 auch Prosabände. Ihr erster Erzählband Strichcode wurde 2006 mit dem Sándor-Márai-Preis ausgezeichnet und wie der Novellenzyklus Pixel in zahlreiche Sprachen übersetzt. Aquarium ist ihr erster Roman.

Zuletzt auf Deutsch erschienen:
Pixel. Erzählungen, aus dem Ungarischen von György Buda; Nischen Verlag 2013 (Pixel; Magvető Kiadó, Budapest 2011)
Strichcode. Fünfzehn erzählte Begebenheiten, aus dem Ungarischen von Ernö Zeltner; Berlin Verlag 2011 (Vonalkód; Magvető Kiadó, Budapest 2011)

Zuletzt auf Ungarisch erschienen:
Pillanatragasztó; Magvető Kiadó, Budapest 2014

György Buda, © privat

Der Übersetzer

György Buda, geboren 1945 in Hutthurm/Bayern, studierte Geologie sowie Übersetzen und Dolmetschen in Wien. Er arbeitet als Konferenzdolmetscher, Lektor, Sprecher für audiovisuelle Medien und ist gerichtlich zertifizierter Dolmetscher. Er übersetzte zahlreiche Werke der ungarischen Literatur der Moderne (von Autoren wie Gyula Krúdy, Zsigmond Móricz und Sándor Márai) und der Gegenwartsliteratur (neben Krisztina Tóth auch Imre Kertész, Péter Esterházy, László Krasznahorkai und Lajos P. Nagy). Für seine kulturmittlerische Tätigkeit erhielt er das Ritterkreuz des Verdienstordens der Republik Ungarn und für sein Übersetzungswerk erhielt er 2013 den österreichischen Staatspreis für literarische Übersetzungen TRANSLATIO.

Zuletzt erschienen:
László Garaczi: MetaXa; Droschl Verlag 2015 (Metaxa; Magvető Kiadó, Budapest 2006)
Lajos Parti Nagy: Der wogende Balaton; Nischen Verlag 2012 (A hullámzó Balaton: Waldtrockenkammeri átiratok; Magvető Kiadó, Budapest 2005)
László Garaczi: Bekenntnisse eines Lemuren; Droschl Verlag 2011 (Arc és hátraarc (egy lemur vallomásai); Magvető Kiadó, Budapest 2010)