Am 21. März beginnt nach dem zoroastrischen Kalender das neue Jahr. Das Datum der Tag-und-Nacht-Gleiche steht für einen Neuanfang. Wachstum und Fruchtbarkeit werden gefeiert, und zugleich ist der 21. März der Mythologie nach auch der Tag, an dem ein junger kurdischer Schmied namens Kaweh einen Aufstand initiierte, um sein Volk von der Gewaltherrschaft des Tyrannen Zahāk zu befreien. Am Ende der erfolgreichen Revolte steckte der Schmied das Schloss des Tyrannen in Brand, als Zeichen dafür, dass der Tag der Befreiung gekommen war. Der Legende nach verzehrte ein reinigendes Feuer den Herrschaftssitz, und aus dem so wieder fruchtbar gemachten Grund sprossen neue Pflanzen.

Die Geschichte ist einer der Gründungsmythen der kurdischen Befreiungsbewegung. Sie verbindet das Streben nach Emanzipation mit der landwirtschaftlichen Praxis des Düngens, damit Samen im Boden gedeihen können – eine Praxis, die für die besonderen Beziehungen der Menschen zu Erde, Land und Territorium steht. Doch Newroz wird auch von Iraner*innen oder Afghan*innen gefeiert, seine Bedeutung wird im Kaukasus, dem Balkan, in Teilen Asiens und am Schwarzen Meer zelebriert. Nicht zuletzt hat der Frühling Rituale und Formen des Zusammenseins hervorgerufen, denen gerade in Communities mit starkem Bezug zu dem Land, das ihre Kultur geprägt hat, politische Motivationen innewohnen. Growing feiert die soziale Intelligenz von Pflanzen, ihre Verbindung zu lokalen Befreiungskämpfen sowie das Streben nach einer gerechteren Koexistenz von menschlichem und nicht-menschlichem Leben. Als eine der vier Phasen des Projekts A Participatory Planet versteht Growing Samen und Pflanzen als politische Subjekte, die an Prozessen der Erinnerung, des Heilens und des Widerstands beteiligt sind. Was lässt sich durch die Pflanzenwelt über die Geschichte von Befreiungskämpfen lernen? Kann der Einsatz für biologische Vielfalt mit Auseinandersetzungen um soziale Zugehörigkeit verbunden werden? Und kann die Frage nach ‚Wachstum‘ anders gedacht werden, fernab von kapitalistischer Logik, verknüpft mit sozialen, kulturellen und erdverbundenen Bedürfnissen?

Am Abend des zoroastrischen Neujahrs dient Saatgut als Ausgangspunkt, um Wissen über nachhaltige landwirtschaftliche Entwicklung, uralte Pflanzen und ihre Bedeutung für Bottom-up-Bewegungen weltweit auszutauschen. Als ein Fest des Überlebens und Gedeihens von Gemeinschaften trotz Unterdrückung mündet der Abend in eine musikalische Feier des Widerstands.