Gertraude Pohl trug mit ihren Arbeiten maßgeblich zur Ästhetik der Kunst im öffentlichen Raum in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) bei. Sie gestaltete 1976 den Fußboden der Haupthalle des Palastes der Republik und schuf in den 1970er und 1980er Jahren verschiedene Wandbilder für öffentliche Gebäude. Dazu gehören großformatige Wandbilder für die Industriegebäude von Stern-Radio in Berlin-Marzahn, einer Fabrik, die ab Mitte der 1980er Jahre eine neue Generation von Radiogeräten produzierte, sowie eine Reihe von Wandbildern für die sogenannten Kinderkombinationen, eine standardisierte Bauweise für Kinderbetreuungseinrichtungen. Durch ihr Studium an der Hochschule für bildende und angewandte Kunst in Ostberlin und ihre auf Reisen nach Bulgarien, Rumänien, Aserbaidschan, Usbekistan, Kasachstan, Karelien und Finnland gewonnenen Erkenntnisse entwickelte Pohl eine abstrakte Sprache, die den figurativen sozialistischen Realismus, der für die damalige Zeit charakteristisch war, herausforderte, und schuf Werke für den öffentlichen Raum, die durch einen sinnlichen Rhythmus und das Wissen um geometrische Komposition den Alltag bereicherten.

Ausgehend von ihren Werken in der Ausstellung thematisiert Gertraude Pohl im Gespräch mit HKW-Kuratorin Paz Guevara die Amnesie der Ostmoderne am Beispiel ihrer Erfahrungen. Erinnert wird an Bauprogramme der DDR, in deren Rahmen Künstler*innen mit einer Vielzahl von Kunst-am-Bau-Projekten in Stadtzentren und in den wachsenden Vororten beauftragt wurden, sowie an die davon ausgehende Impulse, etwa eine von Pohl konzipierte Serie von Fahnen, darunter das Werk Fünf Fahnen (1986), das in der Ausstellung Echos der Bruderländer in der Beatriz Nascimento Halle einen Gesprächsraum formt. Anhand von Pohls Konzept von Wandbildern als „visueller Beitrag zum Arbeits- und Wohnumfeld“ in der DDR wird im Gespräch die soziale Funktion von Kunst und ihre Bedeutung für die Gestaltung des kollektiven öffentlichen Raums diskutiert.

Anlässlich des Gesprächs präsentiert Gertraude Pohl ihre neue Publikation Das Mögliche hat seine Spur im Sein. Kunst im öffentlichen Raum (2024).