2014: Silbergeburtstag

Krieg erzählen, © Marcus Lieberenz

Als das HKW 1989, also vor 25 Jahren, mit seiner Arbeit begann, spürten Viele so etwas wie die Freuden des sich Öffnens: Internationalisierung war hier versprochen, über die Grenzen Schauen statt in Enge Verharren. Und dieses dringende Bedürfnis nach Öffnung aus der Provinzialität galt ja nicht nur in (West-)Berlin, sondern BRD-weit. Seitdem hat sich Vieles verändert, auch die subjektive Befindlichkeit. Die Stadt ist internationalisiert, Kindergartenplätze werden einfach mal - wohlgemerkt ohne Übersetzung – per Aushang „Hay plazas de jardin infantil“ angeboten. Gebrauchte Fahrräder im Szenedoppelbezirk Kreuzberg-Friedrichshain auf Englisch. „Lost mobile!“-Anzeigen hängen anderswo. Und zugleich fühlen sich Viele als Spielball nicht beeinflussbarer internationaler Institutionen und Entwicklungen – zumindest von ihnen nicht beeinflussbar, weil nicht kleinsten Eliten angehörig. Komplementär dazu steht die Wandlung in der Programmatik des HKW: Ein Begriff wie „Rooted Cosmopolitism“ gibt auch hier die Leitschnur des Programmierens, verspricht neben dem weltbürgerlich-aufgeklärten Begreifen der globalen Verhältnisse ebenso: einen Standpunkt, ein Stück Verwurzeltheit.

Insofern kann das HKW zusammen mit Stadt und Land feiern: 25 Jahre manchmal durchaus krisenhafter, manchmal sehr harmonischer, immer aber aufeinander bezogener Verbundenheit.

Dass das Haus auch mit durchaus handfesten Folgen anerkannt wird, zeigt der Beschluss des Bundestages, 15 Millionen Euro für ein Vier-Jahres-Projekt des HKW zu geben: 100 JAHRE GEGENWART. Der Erste Weltkrieg und seine europäischen und globalen Folgen. Bei der Summe und für eine Kulturinstitution denkt man ja erst einmal an einen Schreibfehler … jedoch: Zum einen schließt dieses Unternehmen an die Thementage an, die das Jahr eröffneten, VOM KRIEG ERZÄHLEN. Dort ging es - kuratiert von Carolin Emcke, Journalistin, und Valentin Groebner, Geschichtsprofessor - um die Möglichkeiten, konkrete und subjektive Erfahrungen von Gewalt und Krieg zu fassen und zu vermitteln. Zum anderen verweisen die Stichworte zum 100-Jahre-Gegenwart-Vorhaben direkt auf das HKW und seinen Wissensproduktionsansatz: globalhistorische Perspektiven - kulturelle Grundlagen des europäischen Projektes - Technologisierung des Krieges schafft neues Verhältnis zwischen Mensch und Maschine - Reformbewegungen in den Künsten, in Philosophie und Architektur. Da sind die 15 Mios nicht einfach nur großzügiges Geburtstagsgeschenk …

Machen wir hier einmal vorläufig Schluss mit dem Bilanzieren, man soll das Jahr ja nicht vor dem Ende bewerten. Nach Copa da Cultura 2.0 zur Fußball-WM, wo brasilianische Fans weinten und deutsche zumeist nur höflich gedämpft jubelten, nach BERLIN DOCUMENTARY FORUM 3 zu Fragen des Narrativen, lusophonischer Wassermusik, Betrachtungen zur Demokratie in Südafrika, nach vielfältigen Programmen zum „Zeitalter des Menschen“ steht jetzt ein abschließender Höhepunkt des ANTHROPOZÄN-PROJEKTS an. Da geht es auch um so Stichworte wie „Wunder“.

Lassen Sie uns mal sehn.

Axel Besteher-Hegenbart