Gespräch

China: Unvollendete Reise - Vom Tianan'men-Platz ins Exil

Thementage

Fr 20.2.2009
19h
Eintritt frei

Wang Dan, Studentenführer 1989 und Dichter (London), und die DokumentarfilmerinAi Xiaoming (Guangdong/China) im Gespräch mit dem Lyriker Yang Lian(London)

Moderation: Tilman Spengler, Autor und Sinologe

Die deutschen Übersetzungen der Gedichte liest der Schauspieler Bastian Trost.

Während 1989 in vielen Ländern für den Übergang in ein demokratisches System steht, setzte in China das Tianan’men-Massaker den Schlusspunkt unter die Demokratiebewegung. Wirtschaftliche Reformen hingegen trieb Deng Xiaoping ab Beginn der 90er-Jahre radikal voran. Heute kann sich dem Global Player China niemand entziehen, das politische System aber ist kaum verändert. Der chinesische Lyriker Yang Lian spricht mit Dissidenten und Autoren wie Wang Dan, einem der Initiatoren der damaligen Studentenproteste – welche Spuren haben die Ereignisse des Jahres 1989 in der chinesischen Gesellschaft bis heute hinterlassen?


Außerdem:

The Gate of Heavenly Peace (Film), Fr 20.2., 22 h und Sa 28.2., 20 h Mehr...


Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Gesprächs

Ai Xiaoming, Professorin für Chinesische Sprache und Literatur, Guangzhou. Neben ihrer Professur an der Sun Yat-sen-Universität, Guangzhou/China, ist Ai Leiterin des 2003 gegründeten Sex/Gender Education Forum und stellvertretende Direktorin des Women’s Study Centre. Sie arbeitet außerdem als Übersetzerin, Regisseurin und Filmemacherin. In ihren Dokumentarfilmen setzt sie sich u.a. mit den Menschenrechten und dem Rechtssystem in China auseinander. Zu ihren bekanntesten Produktionen zählen „Paradise Garden“ (2003), „Tai Shi Village“ (2006) und „Care and Love“ (2007).


Tilman Spengler, Autor, Berlin. Studierte Sinologie, Politologie und Moderne Geschichte in Heidelberg, Taipeh und München. Nach seiner Promotion war er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Max-Plank-Institut für Sozialwissenschaften in Starnberg. Anfang der 1980er Jahre folgten Forschungs- und Lehraufenthalte an der Akademie der Wissenschaften in Peking und am Wissenschaftskolleg in Berlin, gleichzeitig übernahm er die Mitherausgeberschaft für das Kursbuch. Neben seiner akademischen Tätigkeit schreibt er für Die Zeit, den Spiegel, GEO und Die Woche, ist Drehbuchautor und Dokumentarfilmer („Bitterer Balkan“, 1999) und Schriftsteller. Zu seinen Werken zählen u.a. „Lenins Hirn“ (1991), „Der Maler von Peking“ (1996), „Die Stirn, die Augen, der Mund“ (1996), „Meine Gesellschaft“ (2001). 2003 erhielt er für seine Werke den Ernst-Hoferichter-Preis.


Bastian Trost, Schauspieler, Berlin. Besuchte die Westfälische Schauspielschule in Bochum. Bereits im Alter von 16 Jahren übernahm er Rollen in „Medea" und „König Lear" am Düsseldorfer Schauspielhaus. Danach war er u.a. in „Romeo and Juliet" (1991, Kolb-Halle Köln), „Der gute Dieb" (1998, Deutsches Theater Baracke) und „The Beach" (2001, Volksbühne Berlin) zu sehen. Seit 2002 ist er Mitglied der Künstlergruppe Gob Squad.


Wang Dan, Bürgerrechtler und Lyriker, USA. Studierte Ostasiatische Geschichte und organisierte 1989 die Studentenproteste an der Peking-Universität. Als einer der Wortführer bei den blutig niedergeschlagenen Demonstrationen auf dem Tianan’men-Platz wurde er 1989 verhaftet und wegen „konterrevolutionärer Agitation” zu dreieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. 1993 wurde er erneut in Polizeigewahrsam genommen und1996 wegen „Verschwörung zum Sturz der Regierung” zu einer elfjährigen Gefängnisstrafe verurteilt. Zwei Monate vor dem Staatsbesuch von US-Präsident Bill Clinton schob die chinesische Regierung den von den Haftbedingungen gesundheitlich schwer angeschlagenen Dissidenten im April 1998 in die USA ab, wo er sein Studium wieder aufnahm. Zurzeit ist er Vorsitzender der Chinese Constitutional Reform Association.


Yang Lian, Lyriker, London. Geboren 1955 in Bern als Kind chinesischer Diplomaten wuchs Yang Lian in Peking auf und arbeitete dort ab 1977 als Programmgestalter und Redakteur beim staatlichen Rundfunk.1978-83 unternahm Yang Lian ausgedehnte Reisen auf den Spuren der chinesischen Geschichte. In dieser Zeit entstanden seine ersten lyrischen Werke, darunter das Gedicht „Nuorilang“, das 1983 im Rahmen der Kampagne „gegen geistige Verschmutzung“ von der chinesischen Regierung scharf kritisiert wurde. Nach seinen Protesten gegen das Massaker auf dem Tianan’men Platz 1989 wurde sein Werk in China indiziert, seine Staatsbürgerschaft wurde aberkannt. 1997 nahm Yang Lian an der documenta X teil, 1999 wurde er mit dem Flaiano International Prize for Poetry ausgezeichnet. Deutsch von ihm erschienen sind u.a. „Pilgerfahrten“ (1987), „Geisterreden“ (1995), „Der Ruhepunkt des Meeres“ (1996). Im Herbst 2009 erscheint ein neuer Gedichtband des Lyrikers im Suhrkamp Verlag.