Péter Nádas: Parallelgeschichten

Aus dem Ungarischen von Christina Viragh
Roman, Rowohlt Verlag 2012
(Párhuzamos történetek, Jelenkor Kiadó, Pécs 2005)

Das Buch

1989, im Jahr des Mauerfalls, findet der Student Döhring beim Joggen im Berliner Tiergarten eine Leiche. Mit dieser kriminalistischen Szene beginnt der Roman, eröffnet zugleich aber auch die weitgespannte Suche nach dem düsteren Geheimnis einer Familie. Es ist die Geschichte der Budapester Familie Démen und ihrer Freunde, deren persönliche Schicksale mit der ungarischen und deutschen Vergangenheit verknüpft werden. Die historischen Markierungen sind die ungarische Revolution 1956, die nachrevolutionäre Zeit, der ungarische Nationalfeiertag am 15. März 1961 und, rückblickend, die Deportation der ungarischen Juden 1944/45 und die Vorkriegszeit der 1930er Jahre in Berlin.
Der Roman entwirft ein Panorama europäischer Geschichte, in einer überwältigenden Fülle von Geschichten, die keine realistische Konstruktion zu einer Story vereinen könnte. Die eine große Metaerzählung des Romans jedoch bilden die Geschichten der Körper, die für Nádas zum Schauplatz der Ereignisse werden. Der männliche und weibliche Körper und seine Sexualität prägen die Lebenswirklichkeit der Personen, sie sind das „glühende Magma“, das „in der Tiefe ihrer Seele oder ihres Geistes ruhende Zündmaterial“, das die Parallelgeschichten zur Explosion bringt.

Péter Nádas, © Barna Burger

Der Autor

Péter Nádas, 1942 in Budapest geboren, ist Fotograf und Schriftsteller. Bis 1977 verhinderte die ungarische Zensur das Erscheinen seines ersten Romans „Ende eines Familienromans“ (dt. 1979). Sein „Buch der Erinnerung“ (dt. 1991) erhielt zahlreiche internationale Literaturpreise. 2005 kuratierte Péter Nádas die Ausstellung „Seelenverwandt. Ungarische Fotografen 1914 – 2003“. Zuletzt erschien 2009, erstmalig auf Deutsch, sein erzählerisches Debüt „Die Bibel“ von 1967. Für „Parallelgeschichten erhielten er und seine Übersetzerin den Literatur- und Übersetzungspreis „Brücke Berlin“. Péter Nádas lebt in Budapest und Gombosszeg.

Aktuelle Veröffentlichungen

Péter Nádas, Matthias Haldemann (Hg): In der Dunkelkammer des Schreibens (Begleitpublikation zur Ausstellung im Kunsthaus Zug, 2012)
Nimbus 2012, Texte aus dem Rumänischen übersetzt von Christina Viragh

Peter Nádas: Arbor mundi. Über Maler, Bildhauer und Fotografen
Nimbus, Wädenswil, Schweiz 2012

Péter Nádas: Schattengeschichte – Lichtgeschichte. Fotografien von Péter Nadas
Nimbus, Wädenswil, Schweiz 2012

Christina Viragh, © Massimo Gobbi

Die Übersetzerin

Christina Viragh, geboren 1953 in Budapest, emigrierte 1960 in die Schweiz und lebt heute in Rom. Sie ist korrespondierendes Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung und Übersetzerin von Péter Nàdas, Sándor Márai, Imre Kértesz, Henri Alain-Fournier und anderen. 2003 erhielt sie den Einzelwerkpreis der Schweizerischen Schillerstiftung, 2012 den den Europäischen Übersetzerpreis sowie für die Übersetzung von „Parallelgeschichten“ den Preis der Leipziger Buchmesse und den Literatur- und Übersetzungspreis „Brücke Berlin“.