Dunkel, fast Nacht

Joanna Bator | Lisa Palmes

Joanna Bator: Dunkel, fast Nacht
Aus dem Polnischen von Lisa Palmes | Ciemno, prawie noc
Suhrkamp Verlag 2016 | W.A.B., Warschau 2012

„In einer irisierenden Mischung aus Schauer-, Historien-, Familien- und Gegenwartsroman verwebt Joanna Bator souverän und sinnfällig viele Erzählschichten, Sprach- und Realitätsebenen. Die unheimliche (deutsche) Geschichte des schlesischen Landstrichs verwächst mit der geheimnisvollen Familiengeschichte, alles wird zum (leeren) Zeichen, wird verdächtig, überall lauern Abwesende, alles scheint hohl und verfallen und doch noch da als Gerippe, Erinnerung, Ruine. Bator hat eine wilde, labyrinthische Phantasie, die die tausend Spuren und Erzählfäden immer neu verknüpft und schwebend im Spiel hält. Die meisterhafte literarische Entwirklichung und vielen Stimmlagen sind von Lisa Palmes in wundervoller Spracharbeit ins Deutsche gebracht.“
(Jurykommentar zur Shortlist-Nominierung 2016)

Dunkel, fast Nacht

Die weitgereiste Journalistin Alicja Tabor kehrt in ihre schlesische Heimatstadt Walbrzych zurück. Die Stadt ist in Aufruhr. Drei Kinder sind dort verschwunden, ein Netz aus Lügen, Verleumdung und Hetze breitet sich in der Stadt aus. Die erfolglosen Ermittlungen schüren die Wut der Bürger, befeuern die Gerüchte, Verdächtigungen und Schuldzuweisungen. Alicja begibt sich auf Spurensuche und gerät dabei auf Fährten der deutschen und der eigenen Geschichte. Immer mehr unheimliche Orte voller leerer Zeichen und Verbindungen, ein Panorama der Gewalt von Vertreibung und Kindesmissbrauch tut sich auf. Virtuos im Stil variierend werden diese unterschiedlichen Stränge mit den Parolen im Radio, den Hetzreden der Internetforen und den poetischen Phantasien der Schwester, die sich das Leben nahm, durchsetzt. Irisierend und vielschichtig entwirft Bator ein differenziertes Bild mitteleuropäischer Geschichte und gegenwärtiger Realitäten.

Joanna Bator, © Artur Andrzej/Suhrkamp Verlag

Die Autorin

Joanna Bator, 1968 in Polen geboren, verließ wie ihre Protagonistin früh ihren Heimatort, studierte in Warschau Kulturwissenschaften und Philosophie und promovierte mit einer Arbeit über Feminismus, Postmoderne und Psychoanalyse. Als Dozentin unterrichtete sie an verschiedenen Hochschulen und forschte mehrere Jahre lang in Japan. Neben wissenschaftlichen Publikationen veröffentlichte sie Essays in wichtigen polnischen Zeitungen und Zeitschriften. Ihre ersten beiden Romane Sandberg und Wolkenfern machten Joanna Bator zu einer der wichtigsten neuen Stimmen der europäischen Literatur. Für Dunkel, fast Nacht (2012) wurde sie mit dem NIKE 2013, dem wichtigsten Literaturpreis Polens, ausgezeichnet.

Zuletzt erschienen:

  • Im ehemals deutschen Schrank, übersetzt von Martin Pollack. In: Lost Words, Lost Worlds: Eine europäische Sprachreise, herausgegeben von Kateryna Stetsevych, Katarina Tojic, Stefanie Stegmann; edtion. fotoTAPETA 2013
  • Wolkenfern, aus dem Polnischen von Esther Kinsky; Suhrkamp Verlag 2013 (Chmurdalia; Wydawnictwo W. A. B., Warszawa 2010)
  • Sandberg, aus dem Polnischen von Esther Kinsky; Suhrkamp Verlag 2011 (Piaskowa Góra; Wydawnictwo W. A. B., Warszawa 2009)

Zuletzt auf Polnisch erschienen:

  • Wyspa Łza.; Wydawnictwo Znak, Kraków 2015
  • Rekin z parku Yoyogi; W.A.B., Warszawa 2014

Lisa Palmes, © privat

Die Übersetzerin

Lisa Palmes, geboren 1975 in Greven, studierte Polonistik und Germanistische Linguistik in Berlin und Warschau. Seit Ende 2008 arbeitet sie als freiberufliche Übersetzerin für polnische Literatur, ist seit 2013 Mitorganisatorin verschiedener Gesprächsreihen mit polnischen Schriftstellern und erhielt 2014 ein Stipendium des Freundeskreises Literaturübersetzer für die Übersetzung von Dunkel, fast Nacht. Momentan arbeitet sie an Übersetzungen von Katarzyna Puzyńska und Ludwik Hirszfeld.

Zuletzt erschienen:

  • Lidia Ostałowska: Wasserfarben; KLAK-Verlag 2015 (Farby Wodne; Czarne 2011)
  • Mariusz Czubaj: Wiegenlied für einen Mörder; Prospero-Verlag 2015 (Kołysanka dla mordercy; W.A.B., Warszawa 2011)