Archive of Social Movements on the Move

Bini Adamczak

Das Pinkus-Archiv ist eines der weltweit größten Archive für die Geschichte internationaler Emanzipationsbewegungen. Das von den marxistischen Verleger*innen und Publizist*innen Amalie und Theo Pinkus begründete Archiv besteht vor allem aus Büchern, Zeitschriften, Zeitungen und Flugblättern des 19. und 20. Jahrhunderts. Ein Teil der Sammlung befindet sich heute in der Studienbibliothek zur Geschichte der Arbeiterbewegung in Zürich, ein anderer Teil befindet sich auf dem Weg ins Archiv der Avantgarden (AdA) der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden und macht in einem Depot in Berlin Lankwitz Zwischenstation. Auf Einladung des HKW hat Bini Adamczak das Archiv besichtigt, um hier, zwischen Kisten und Regalen, archivarischen und pandemischen Regularien, Materialien einzusammeln und mit ihrer Hilfe einige Fragen an Archive, soziale Bewegungen und deren Schnittstelle zu stellen.

Archive versuchen Ordnung herzustellen und zu bewahren, die ihnen zugleich – durch Auftrag oder Ausschnitt, Verschlagwortung und Neuzugang – beständig entweicht. Zudem sind Archive in der Größe, ab der sich Archivieren lohnt, nie in Gänze zugänglich. Sie zeigen sich den Besuchenden immer nur in Teilen, geschnitten nach Konvention und Mode, Finanzierung und Interesse, Zufall oder Laune. Wie viel mehr trifft das auf ein Archiv der Bewegung zu, das noch dazu im Umzug begriffen ist, das Aufbrüche archiviert, die abgebrochen darauf warten, wieder aufgegriffen zu werden. Reste von Revolten. Was bedeutet hier Konservieren? Was Sichern und Versichern, Verleihen und Vergittern? Was heißt Ordnen und Teilen, Fragmentieren, Fraktionieren? Und was bedeutet es andersherum, das Archiv zu brauchen? Welchen Bedarf gibt es an der bewahrten Geschichte? Wie lässt sie sich befragen und berühren? Was heißt Erinnern?

Zwischen Totale und Schublade, zwischen Index und Sparte gibt es noch die hier gewählte Möglichkeit, halbbeliebige Schneisen zu ziehen, thematisch wie historisch. Sie können auch die Form von Spiralen annehmen. A sinking feeling? Anfänge und Enden, Brüche und Wiederholungen schrauben sich ineinander. Dabei entstehen keine Relikte einer abgeschlossenen Geschichte, sondern Konstellationen mehrerer historischer Epochen, die immer auch Konstellationen mit der Jetztzeit bilden.

Die Installation zeigt Zeitschriftencover verschiedener Jahrgänge und erlaubt einen digitalen Blick in die Publikationen.

Mixed Media Installation, 2022