16.–20.4.2008

RE ASIA - Avatar. Asiens Erzähler

Ein Literaturfestival kuratiert von Ilija Trojanow

Literatur

So wie die Stellvertreterfiguren der virtuellen web2.0-Welten mit dem Sanskrit-Begriff für Gottesinkarnationen als Avatare benannt sind, so kehren auch die Epen Asiens immer wieder zurück – in das künstlerische Schaffen und in den Diskurs.

Keine andere Kulturregion weist eine solche Fülle von kontinuierlichen Texttraditionen auf, die nicht nur aus sakralen, sondern auch – was im Westen oft unbekannt ist − säkularen und rationalistischen Werken bestehen. Kein Wunder also, daß die gegenwärtige Literatur in vielen Ländern Asiens auf die „alten Vorbilder" zurückgreift, Mythen nacherzählt, Ikonen neu formt oder dekonstruiert.

Ausgehend vom „Ramayana“ reist das von Ilija Trojanow − dem kosmopolitischen Autor von „Der Weltensammler" − kuratierte Literaturfestival alten Geschichten und Formen nach. Hier wird Raoul Schrott seine Thesen zu Gilgamesh und Ilias erläutern, einem der Urtexte der abendländischen Kultur. Die Vorstellung eines Homer in der Umlaufbahn assyrischer Kultur bringt Vorstellungen okzidentaler Identität ins Wanken.

Lesungen, „dramatische Monologe" und Gespräche erkunden, wie sich gegenwärtig die Schauplätze und Handlungsstränge ändern, wie dabei auch moralische und politische Richtung des Stoffes variiert wird. Shashi Tharoor wird lesen, der mit seinem Meisterwerk "Der grosse Roman Indiens" bekannt wurde. Diese ironisierende Adaption des "Mahabharata" umfängt die gesamte indische Geschichte des 20. Jahrhunderts, setzt die Weisen und die Verräter der Antike neben die Protagonisten der Moderne. Der Dichter Ko Un spricht, dessen episches Gedicht "Maninbo" (Ten Thousand Lives) in Korea in über 20 Bänden veroffentlicht wurde und wie eine Rollschrift Personen aus seinem Leben, zeitgenössische, historische und mythische Figuren auftreten lässt.

Der indische Kulturkriitker und Dichter Ranjit Hoskoté wird die nächsten kontroversen Bezüge herstellen: Er vertritt zusammen mit Ilija Trojanow die These, dass Kulturen zusammenfließen, der vielbeschworene "Kampf der Kulturen" nichts anderes ist als der verzweifelte Versuch, diese Prozesse aufzuhalten. Ihr Buch "Kampfabsage" kartografiert Europas Lebenslinien aus dem Kulturkontinuum zwischen Arabien und Indien.

Mit Qassim Haddad, Ranjit Hoskoté, Girish Karnad, Ko Un, Raoul Schrott, Shashi Tharoor, Ilija Trojanow, Yang Lian und einer Diskussion mit Joachim Schloemer.