Hochschule für Bildende Künste Dresden
Die Hochschule für Bildende Künste Dresden (HfBK) war ein Zentrum der Kunstpädagogik in der DDR. Während der sozialistische Realismus das offizielle Paradigma blieb, legte die Hochschulleitung seit den 1970er Jahren besonderen Wert auf den Schutz der künstlerischen Autonomie und unterstützte selbständige Erkundungen der Studierenden. Die Experimentalgeschichte der Akademie ist auch eine Geschichte der Migration und des Austauschs. Die Auswahl von Kunstwerken von Studierenden und Lehrenden aus dem Archiv der HfBK, die während ihrer Zeit an der Hochschule entstanden, gibt einen Einblick in die Biografien, die bis 1989 an der Hochschule aufeinandertrafen.
Abed Abdis umfangreiches Werk besteht aus Grafiken, Zeichnungen und Gemälden. Er kam 1964 über den Kommunistischen Jugendverband aus Palästina in die DDR und studierte von 1964 bis 1971 Freie Grafik und Wandmalerei. Bilder von Verlust und Zuflucht einerseits und ein entschlossener Wille andererseits – geprägt von seiner eigenen Erfahrung der Nakba, im Jahr 1948 – tauchen bereits in frühen Arbeiten auf und ziehen sich auch durch seine späteren Gemälde und Skulpturen.
Während seiner Zeit an der HfBK absolvierte Abdi ein Fachstudium unter der Anleitung der deutsch-jüdischen Künstlerin Lea Grundig. 1940 aus Nazi-Deutschland nach Palästina geflohen, kehrte sie 1948 nach Europa zurück und unterrichtete – ursprünglich gemeinsam mit ihrem Ehemann Hans, der vor Abdis Ankunft verstorben war – bis zu ihrem Tod 1977 mehrere Klassen von Künstler*innen an der HfBK. In den beiden Zeichnungen, die in dieser Ausstellung zu sehen sind, kritisiert sie als langjährige Kommunistin den Neoliberalismus und seine einem steten Beschleunigungszwang ausgesetzten Fabriken, stellt die Gewalt des Militarismus, der Automatisierung und der pharmazeutischen Industrie dar.
Sami Hakki schloss sein Studium der Wandmalerei an der HfBK im Jahr 1972 ab, nachdem er zuvor an der Hochschule für Bildende Künste in Bagdad studiert hatte. Schließlich kehrte er nach Bagdad zurück, wo er seine künstlerische Tätigkeit fortsetzte und als Professor an der damals neu gegründeten Abteilung für Grafik tätig war. Sein Studium kann als Teil einer längerfristigen Beziehung zwischen der irakischen Kunstszene und dem ostdeutschen Kulturmilieu gesehen werden. 1965 reiste die erste große Ausstellung irakischer Grafiken (mit Holzdrucken, Lithografien und anderem) von Bagdad in die Nationalgalerie in Ostberlin: eine der ersten irakischen Gruppenausstellungen im Ausland.
Hakki und Abdi haben ihre Zeit in Dresden in zwei Putzschnitten dokumentiert, die bis heute in der HfBK zu sehen sind und an ihre Studienzeit in der DDR, aber auch an das 1990 beendete Programm für Wandgestaltung erinnern.
Martha Ketselas Das Glück der Erde, eine Publikation mit Aphorismen und Holzschnitten, war das Resultat einer Hospitanz 1980 an der HfBK, die nach einer Reise der Künstlerin von Addis Abeba nach Ostberlin im Jahr 1978 zustandekam, in dem Jahr also, in dem die DDR und Äthiopien ein Kulturabkommen schlossen. Auf den letzten Seiten ihrer Publikation dankt Ketsela ihrem Professor Hernando León.
León selbst hatte als Student zwischen 1958 und 1961 einige Jahre in Dresden verbracht und kehrte 1974 in die DDR zurück, um eine Stelle an der HfBK anzutreten. In dieser Zeit erweiterte er seine Praxis auf Bühnenbild, Skulptur und Film und war an verschiedenen politischen Aktionen beteiligt, insbesondere im Jahr 1989 und in der Folgezeit. Er lebt bis heute in Dresden.
Die Spuren migrantischer Studierender an der HfBK verweisen auf umfassendere kulturelle Vereinbarungen und den Austausch zwischen der DDR und ihren ,Verbündeten‘. Zugleich lassen sie Menschen zu Wort kommen, die in der Sprache der Bilder und des Ästhetischen gelebt, gearbeitet und kommuniziert haben.
Werke in der Ausstellung (links nach rechts): Sami Hakki, ohne Titel (Jahr unbekannt), Reproduktion einer Lithografie, 50,1 × 37,1 cm; Abed Abdi, Abschied (1978), Reproduktion einer Lithografie (1978), 49,9 × 60,6 cm; Abed Abdi, ohne Titel (Jahr unbekannt), Reproduktion einer Lithografie, 61,1 × 50,1 cm Abed Abdi, ohne Titel (Jahr unbekannt), Reproduktion einer Lithografie, 61 × 50 cm; Abed Abdi, ohne Titel (1967), Reproduktion einer Lithografie, 37,5 × 38,9 cm; Abed Abdi, ohne Titel (1966), Reproduktion einer Lithografie, 52,2 × 37 cm; Abed Abdi, ohne Titel (Jahr unbekannt), Reproduktion einer Lithografie, 50 × 37,6 cm; Lea Grundig, Fragen und Mahnungen (1965), Reproduktion einer Radierung, 50 × 32 cm; Lea Grundig, BRD Aufrüstung in B= u. C=Waffen (1971), Reproduktion einer Radierung, 50,5 × 65 cm; Hernando León, ohne Titel (1977), Reproduktion eines Siebdrucks (1977), 54,8 × 68,4 cm; Martha Ketsela, Das Glück der Erde. Aphorismen und Holzschnitte von Martha Ketsela (1980), Reproduktionen von Holzschnitten aus dem Umschlag und acht Blättern eines Buches, gedruckt in den Graphischen Werkstätten der HfBK Dresden, je ca. 53,4 × 30,9 cm. Courtesy Hochschule für Bildende Künste Dresden