10:00–18:30
Moving (in) Constellations: Artistic Interventions as Institutional Transitions
Konferenz. Eintritt frei, in Englisch

Mit Silvy Chakkalakal, Nadine George-Graves, Satch Hoyt, Jason Wee und anderen

„Sternbilder erinnern uns daran, dass ein Gedanke (der Klang der Rassel) mit Herz und Bewegung (dem Klang der Trommel) kombiniert werden muss, um Energie und Einfluss zu gewinnen.“

–Leanne Betasamosake Simpson, As We Have Always Done

In und durch Konstellationen auf die Gesellschaft einzuwirken, eröffnet Wege in eine nachhaltige, inklusive und gerechte Zukunft und zugleich eine Infragestellung hegemonialer institutioneller Strukturen und Praktiken. Mit der zweitägigen Konferenz Moving (in) Constellations geht das HKW gemeinsam mit dem Sonderforschungsbereich „Intervenierende Künste“ der Freien Universität Berlin oszillierenden Dynamiken zwischen Kunst und Wissenschaft nach.

Die Konferenz, deren erster Tag im HKW stattfindet und mit einem öffentlichen Abendprogramm endet, bringt akademische Diskurse mit künstlerischen Praktiken und aktivistischen Formen des Engagements in Dialog. Sie vereint Elemente lokaler Verankerung mit globalen Netzwerken und Perspektiven. In Vorträgen, Performances und öffentlichen Gesprächen tauschen sich die Teilnehmer*innen aus, um das Verständnis für die hier verhandelten relationalen und multidirektionalen Qualitäten zu erweitern und sich unter anderem mit folgenden Fragen zu beschäftigen: Lassen sich Strukturen erzeugen, ohne unterdrückerische Machtverhältnisse zu reproduzieren, und welche Lehren halten historischen Erfahrungen hierfür bereit? Welche Potenziale haben dekoloniale Diskurse und Ansätze für die Transformation bestehender Räume, Zeitlichkeiten und Beziehungen? Wie können künstlerische Interventionen Inhalte und Formen des Sehens, Hörens, Bewegens, Fühlens und Denkens neu gestalten? 

June Jordan schrieb in den 1960er Jahren in einem Gedicht voller Klangmetaphern über „Konstellationen, die zwischen Wellen schwingen“. Und in den 1930er Jahren verglich Walter Benjamin die Bewegung von Ideen mit Sternbildern. In Anlehnung an den lateinischen Begriff constellatio für die planetarische Anordnung der Sterne im Weltall entwickelte Benjamin die Idee von Konstellationen als Momenten, die durch das Aufeinandertreffen und Zusammenwirken von Vergangenheit und Gegenwart geprägt sind. Zu den weiteren Querverbindungen gehört Édouard Glissants relationale Poetik, die von den Arrangements und sozialen Realitäten karibischer Archipele inspiriert ist. Vorstellungen von Konstellationen beruhen auf vielschichtigen und relationalen Prozessen der Bedeutungsgebung. Mit der Frage, wie Konstellationen des Lebens, Denkens, Bewegens, Sich-Sorgens und Seins entfaltet und reflektiert werden können, folgt die Konferenz auch dem zeitgenössischen indigenen Denken von Leanne Betasamosake Simpson. Auf der Grundlage der Nishnaabeg-Epistemologien schlägt Simpson vor, „Konstellationen des gemeinsamen Widerstands“ zu schaffen, um „zusammen auf eine radikale alternative Gegenwart hinzuarbeiten, die auf tiefer Gegenseitigkeit und der großartigen, generativen Verweigerung kolonialer Anerkennung beruht“.

Der erste Tag der Veranstaltung lädt das Publikum dazu ein, im HKW gemeinsam mit den Konferenzteilnehmer*innen und Moderator*innen über performative Dynamiken nachzudenken und zu untersuchen, inwiefern Infrastrukturen un/sichtbare und un/hörbare Dimensionen, agonistische und antagonistische Umgebungen und Ökologien ansprechen (oder nicht). Das klassische Vortragsformat wird durch Konstellationen von Beiträgen herausgefordert, die unterschiedliche Praktiken der Wissensproduktion und -übertragung hervorbringen. So gestalten beispielsweise die Ethnologin und Kulturwissenschaftlerin Silvy Chakkalakal und der bildende Künstler Jason Wee gemeinsam die Eröffnung der Konferenz mit der Präsentation Unsettling Relations. Intervening Temporalities at the Kochi-Muziris Biennale, auf den die künstlerische Antwort Notes on Speculating Biography, Lost and Broken homes, and Relations-Antirelations folgt. Die Theaterwissenschaftlerin und Regisseurin Nadine George-Graves trifft sich mit dem bildenden Künstler und Musiker Satch Hoyt, um über überlieferte und zukunftsorientierte schwarze Diaspora-Konstellationen nachzudenken und diese zu praktizieren.

Der zweite Tag von Moving (in) Constellations findet am Institut für Theaterwissenschaft der Freien Universität Berlin in Dahlem statt. Beginnend mit einem Rundgang zur gemeinsamen architektonischen Geschichte und den Standorten von HKW und FU eröffnet das Programm  intellektuelle und physische Freiräume für einen geselligen Austausch. Aus der Perspektive spezifischer performativer Praktiken legendie eingeladenen Künstler*innen die Nachwirkungen von Gebäuden frei, die mit den USA assoziiert werden und die einst als Symbole für westliche Freiheit und Demokratie standen. 

18:30–22:45
Collaborative Gestures in Constellations
Abendprogramm, Eintritt frei. In Englisch und Spanisch

Mit Don Alirio, Angela Alves, Marcela A. Fuentes, Zoncy Heavenly, und Moe Satt

18:30 Auftritt von Moe Satt, gefolgt von einem Gespräch mit Zoncy Heavenly
19:45 Vortrag von Marcela A. Fuentes, gefolgt von einem Gespräch mit Angela Alves
21:30 Gespräch zwischen Don Alirio und Maëlle Karl, gefolgt von einem Vinyl-Set von Don Alirio

Collaborative Gestures in Constellations präsentiert eine Reihe von Beiträgen im Rahmen von Moving (in) Constellations, einer vom HKW und dem Sonderforschungsbereich „Intervenierende Künste“ (FU Berlin) gemeinsam kuratierten Konferenz, die oszillierende Dynamiken zwischen Kunst, Aktivismus und Wissenschaft untersucht. Das öffentliche Programm präsentiert verschiedene Ansätze künstlerischer Intervention, die sich einer kollaborativen Praxis verschrieben haben. Es konzentriert sich auf Konfrontationen, die sich mit der Erscheinung, Rezeption, Re-Interpretation und Re-Imaginierung von Gesten innerhalb performativer Praktiken befassen. 

Der Abend beginnt mit einer künstlerischen Geste von Moe Satt, dessen performatives und visuelles Werk die beiden Veranstaltungsorte der Konferenz miteinander verschränkt. 2024 war Satt zu Gast am HKW und trat dem Sonderforschungsbereich als Mercator-Stipendiat mit seinem Handgesten-Projekt Pinky Say Something bei. Seine Praxis setzt sich mit den repressiven Maßnahmen der Regierung Myanmars auseinander und leistet ihnen Widerstand. Die feministische bildende Künstlerin, Aktivistin und derzeitige DAAD-Stipendiatin Zoncy Heavenly kommentiert die Performance und die abolitionistischen Praktiken innerhalb und außerhalb Myanmars aus einer ähnlichen künstlerischen Perspektive wie Satt. 

Die an der Northwestern University tätige Performance-Theoretikerin und -Praktikerin Marcela A. Fuentes setzt das Programm mit einem Vortrag fort, der ihre Forschungen und ihr jüngstes Buch Performance Constellations: Networks of Protest and Activism in Latin America vorstellt. Die Tänzerin, Choreografin, Wissenschaftlerin und Behindertenaktivistin Angela Alves, die mit dem HZT der UdK Berlin assoziiert ist, respondiert auf Fuentes mit einer moderierten Diskussion über den menschlichen Körper, seine Wahrnehmungsfähigkeiten und -grenzen. Zum Abschluss veranstaltet der Musikwissenschaftler und derzeitige Mercator-Stipendiat des Sonderforschungsbereichs, Carlos Mario Mojica alias Don Alirio, nach einer Einführung durch die SFB-Wissenschaftlerin Maëlle Karl ein Picotero-Set: eine gesellige akustische Konstellation von Geschichten und ausgewählten Liedern aus der kolumbianisch-karibischen Musikkultur und ihrer afro-kolumbianischen Prägung.

 

Moving (in) Constellations ist eine Veranstaltung des SFB 1512 Intervenierende Künste in Kollaboration mit dem HKW