Geboren in einer Kleinstadt in Diyarbakir, aufgewachsen in einem dezidiert militarisierten, kurdenfeindlichen Umfeld, lehnt Ahmet Öğüt vereinfachende Projektionen von Identität und Politik ab. Dennoch muss er sich ihnen stellen, da das dominante Narrativ sein Schaffen fälschlicherweise als türkische Kunst ein-ordnet. Es überrascht daher nicht, dass Unterdrückung und Befreiung in Öğüts Werken omnipräsent sind. Die Weiterentwicklung und Re-Imagination künstlerischer und anderer Institutionen ist ihm ein ständiges Anliegen. Er beansprucht für sich die Zwischenräume, die entstehen, wenn Grenzen zu eng gezogen werden, und untersucht, wie sich diese Räume durch Technik konkretisieren und zunehmend in die materielle Welt ragen. Öğüts künstlerische Praxis hinterfragt, wie sich das menschliche Erleben von Raum, Zeit und Gemeinschaft dadurch intensiviert. Monuments of the Disclosed illustriert diese Dichte durch virtuelle Skulpturen, die in die Realität des Alltags eindringen und sich den Betrachtenden als zusätzliche Ebene der Wissensproduktion anbieten. Die ‚Monumente‘ stehen für neun historische Whistleblower: Bunnatine (Bunny) Greenhouse, Li Wenliang, Mona Hanna-Attisha, Kimberly Young-McLear, Aaron Swartz, Karen Silkwood, Phillip Saviano, Marsha Coleman-Adebayo und Marlene Garcia-Esperat. Sie alle verstießen gegen den informativen Status quo, um auf Ungerechtigkeit und staatliches Fehlverhalten aufmerksam zu machen. Sie sind die tragischen Held*innen des Informationszeitalters und bezeugen Öğüts Interesse an der Wissensproduktion und deren Verquickung mit Kunst, Wissenschaft und Politik – ein intellektuelles und künstlerisches Engagement, das auch seine Tätigkeit als Vortragsredner, Denker und Aktivist prägt.

Werke in der Ausstellung: Monuments of the Disclosed (2022), QR-Codes, Werkserie von 9 digitalen Monumenten. Courtesy Ahmet Öğüt