Von Geburt an war Andrew Tshabangu ein Ausgestoßener. Das brutale Apartheidregime machte ihn zu einem unerwünschten Eindringling in der eigenen Stadt. Trotzdem fühlt er sich Johannesburg heute noch ästhetisch verpflichtet. Seine überwiegend schwarz-weiß gehaltenen Aufnahmen sind die Bilder eines Mannes, der als Wächter nie eingelöster Träume und Hoffnungen durch die Straßen zieht, die nach längst verstorbenen Holländern und Briten benannt wurden. Tshabangu will die ‚goldene Stadt‘ in all den Grautönen zeigen, die sich fotografisch vermitteln. „Eine Funktion von Bildern ist es, das Gewöhnliche neu zu verzaubern“, schreibt Teju Cole in Human Archipelago(2018). Gäbe es in Johannesburg das Amt des visuellen Chronisten und Chef-Verzauberers wäre Tshabangu ein aussichtsreicher Kandidat. Kaum jemand sonst kennt und sieht die – für ihre verheilten (und frischen) Wunden berüchtigte – Stadt so wie er. Dabei ist seine Arbeit wie ein Weichzeichner: Im Gegensatz zur oft harten Realität vor Ort strahlen seine Bilder, unabhängig vom Sujet, eine außergewöhnliche Heiterkeit und Gelassenheit aus. Gleichwohl sind seine Motive keine Fiktion. Sein Werk lebt. Der Fotograf erkundet und entwirft in diesem kontinuierlich größer werdenden Mosaik eine mögliche Sichtweise auf die Welt. Er hätte zahlreiche andere Karrieren einschlagen können, als Pfarrer, als Bankier, im Theater. Doch er folgte einem verschlungenen Weg in die Fotografie. Tshabangus Werk ist ein Aufruf, eine Annäherung an die Dynamik synkretistischer afrodiasporischer Praktiken der Spiritualität und eines oft geschmähten panafrikanischen Juwels. 

Werke in der Ausstellung: Bridges (1995–2016), Serie von Fotografien auf Alu-Dibond. Courtesy Andrew Tshabangu und Gallery Momo