Die Klangkünstlerin und Elektronikmusikerin Jessica Ekomane transformiert durch ihre Installationen und Live-Performances das akustische Ambiente physischer Räume. Sie erforscht das Spannungsfeld und Potenzial individueller Wahrnehmung sowie deren Konsequenzen für die Gestaltung sozialer Dynamiken. Eine simple Pfeife, seit Urzeiten für primäre menschliche Kommunikation verwendet, erscheint hier als Chiffre: Sie kann für Geheimcodes oder Spiele verwendet werden, als Musikinstrument oder Werkzeug zum Lokalisieren von Personen, als Warnruf oder Signal polizeilicher Kontrolle und Disziplinierung. Ekomanes Klangintervention Calling all, this is our last cry before our eternal silence (2019) nutzt die Bootsmannpfeife, eine hochfrequente Pfeife, die auf hoher See die Kommunikation an Bord ermöglichen soll, wenn die menschliche Stimme im Tosen der Wellen untergeht. Der Titel ist eine Anspielung auf die letzte Nachricht der französischen Marine, die im Januar 1997 im Morsecode abgesetzt wurde. Bis dahin war sie das Signal für Seenot in internationalen Gewässern. Die heutige quasi permanente Seenot und Lebensgefahr, der Migrant*innen unter anderem bei der Überfahrt auf dem Mittelmeer ausgesetzt sind, finden hier ihr Echo. Wenn das Überleben von unvorhersehbaren Bedingungen und Ad-hoc-Strategien abhängt, wird der elementare Klang der Pfeife zu einem Schrei, der nicht der letzte sein darf. Das Überwinden einer schier unpassierbaren Barriere, ermöglicht durch Atem, Rhythmus und Klang, verweist auf eine Form der Selbstermächtigung, deren subversives Potenzial durch die Einfachheit der Mittel noch betont wird. 

Werke in der Ausstellung: Calling all, this is our last cry before our eternal silence (2019), Klanginstallation, 1’ 27”. In Auftrag gegeben von Natascha Sadr Haghighian für Tribute to Whistle, einen der Räume der Installation Ankersentrum (surviving in the ruinous ruin), präsentiert als Teil des Deutschen Pavillons auf der Biennale Venedig, 2019