Nazanin Noori
Nazanin Nooris Kompositionen, die Installationen genauso umfassen wie Poesie, erkunden das Zusammenspiel von Klang und Heilung. Sampling als Methode der Produktion von Erzählungen spielt eine wichtige Rolle im Rahmen ihrer im Radio ausgestrahlten Sound-Szenarien, die oft mit Gesten der Überschreitung zu tun haben und unterschiedliche Traditionen und Genres miteinander in Dialog bringen. Für diesen Ansatz steht Nooris Sendung AMBIENT HARDCORE für den Berliner Radiosender Refuge Worldwide, wo sie unter anderem Chorarrangements mit Synthesizerklängen und Doom Jazz verbindet. Nooris jüngstes Auftragswerk, THE STATE OF BEING MANY (2024), schafft mit einer Hornskulptur als Klangquelle einen dunklen Raum des Übergangs, dervon den Stimmen der in Berlin lebenden kurdischen Sängerinnen Gülten Firat, Sinem Elçi und Ôzgür Işik durchdrungen wird. Sie praktizieren die Tradition der dengbêjî, der kurdischen Volkssänger*innen und deren Überlieferung von Geschichten durch Gesang. Die in verschiedenen kurdischen Dialekten gesungenen Lieder dieser Tradition aus den lokalen Communitys der Sängerinnen handeln von Verlust, Vertreibung und Widerstand gegen Unterdrückung. Die Geschichten, die dabei auf Makro- und Mikroebene erzählt werden, veranschaulichen, wie eine Sprache am Leben erhalten wird, die in den verschiedenen Ländern, die die Gebiete Kurdistans aktuell beanspruchen, teilweise verboten ist. Die Lieder sind zugleich individueller und intimer Ausdruck der Gefühlswelt der Sängerinnen – von Freuden, der Überwindung von Schmerz und Trauma– und laden die Zuhörenden ein, zu reflektieren, sich einzufühlen und in einen anderen Raum versetzen zu lassen.
In Auftrag gegeben vom Haus der Kulturen der Welt (HKW), produziert von Nazanin Noori und HKW, 2024. Mit freundlicher Unterstützung von Martion Audio und Einklang HiFi
Werk in der Ausstellung: THE STATE OF BEING MANY (2024), Klanginstallation, Traverse, PVC-Plane, Lautsprecher, Maße variabel, 8’. Gesang: Gülten Firat, Sinem Elçi, Ôzgür Işik; Produktion: Nazanin Noori; aufgenommen bei Callie’s, Berlin mit Unterstützung von Andrea Belfi; Mix: James Ginzburg. Courtesy Nazanin Noori