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Middle Ground: PREE. Caribbean Writing

Interaktionen, Transaktionen, Wechselwirkungen

Lesungen, Gespräche, Workshops, Vorträge, Performances, Konzerte, Party

25.–27.8.2023

Visual Middle Ground

Design: Archive Ensemble

Die Reihe Middle Ground widmet sich Literaturfestivals aus der ganzen Welt, um die globale Vielfalt schriftlicher wie mündlicher literarischer Praktiken und Netzwerke zu erkunden. Jedes Jahr wird ein anderes Festival ins HKW eingeladen. Der Titel ist inspiriert von Überlegungen des nigerianischen Schriftstellers Chinua Achebe zum „Middle Ground“ – dem gemeinsamen Grund, dem Dazwischen – als einer Position, die sich „einer Zukunft, auf die wir zusteuern, und einer Vergangenheit, die uns Rückhalt bietet“, bewusst ist. Sie ist „Heimat von Zweifel und Unschlüssigkeit, des vorbehaltlosen Eintauchens in die Fiktion, der Träumereien, des Spielwitzes, des Unvorhergesehenen, der Ironie.“

Middle Ground setzt bei etablierten Festivalkonzepten an und lässt sie doch hinter sich. Es feiert die Poetiken der Vielheit als Grundlage verschiedenster Epistemologien der Literaturproduktion, indem es die Geografien der Entstehung und Verbreitung von Wissen erweitert. In Poétique de la Relation (1990) schreibt Édouard Glissant: „Die Kulturen der Welt unterhielten schon immer mehr oder weniger enge oder aktive Beziehungen; doch erst in der Moderne wirkte eine Reihe ausschlaggebender Bedingungen zusammen, die im Wesen dieser Verbindungen eine enorme Dynamik auslöste.“ Glissants und Achebes Worte geben den ethischen Betrachtungen rund um die Zusammenarbeit zwischen Nord und Süd einen wichtigen Rahmen. Auf Grundlage eines vertieften Verständnisses für die historischen und soziokulturellen Zusammenhänge solcher Kooperationen entwickelt Middle Ground Paradigmen für einen Austausch, von dem alle Beteiligten profitieren.

Als Teil eines größeren Unterfangens, das über den physischen Ort des HKW hinauswächst und sich in die Möglichkeiten einer grenzenlosen Welt hineindenkt, erforschen die hybriden Formen der zu Middle Ground eingeladenen Festivals die Dynamik solcher Zusammenkünfte: Interaktion, Transaktion, Wechselwirkung – eine Dynamik, die den kaleidoskopischen Charakter literarischer Praktiken über Geografien, Kulturen und Sprachen hinweg in den Fokus rückt. Den nach Berlin eingeladenen Festivals bietet sich die Gelegenheit, in Vorträgen, Seminaren, Lesungen und Performances mit Autor*innen in Deutschland – einschließlich jener aus hiesigen transnationalen und diasporischen Communitys – in Kontakt zu treten.

Erstes Gastfestival bei Middle Ground ist PREE: Caribbean Writing aus Jamaika. 2018 von der Autorin und Redakteurin Annie Paul als Literaturfestival und Onlineplattform gegründet, erforscht PREE das karibische Schreiben und kartiert die literarischen Landschaften und Praktiken verschiedener Länder. „Die Karibik befand sich stets an einer Art Scheideweg“, schreibt Paul in der Auftaktausgabe der gleichnamigen Literaturzeitschrift. PREE will das karibische Schreiben (ver)stärken und den Diskurs mitgestalten. Das Festival interessiert sich für zeitgenössische Texte von etablierten wie noch unbekannten Stimmen in der Karibik und stellt sie der Öffentlichkeit vor. Das macht PREE zum idealen Partner, um Geografien des Wissens zu erkunden und zu erweitern. Von PREE veröffentlichte Autor*innen und Theoretiker*innen befassen sich unter anderem mit Kunst und Politik, Rassifizierung und Geschlecht, Technologie und Macht. Im Rahmen von Middle Ground nehmen von PREE ausgewählte Autor*innen an Performances, Lesungen, Vorträgen und Podien teil und geben Seminare für Schriftsteller*innen.

Wir laden Euch/Sie ein, gemeinsam mit uns neue Vorstellungen von karibischen Literaturen und Oralituren zu gewinnen, sie zu erkunden und über sie zu reflektieren. Middle Ground: PREE. Caribbean Writing bietet eine breite Palette an Beiträgen, eine Auswahl findest Du/finden Sie hier. Einen ersten Zugang verschafft Annie Paul: In ihrer Keynote widmet sie sich den politischen wie poetischen Anliegen, die mit dem Verfassen und  Publizieren karibischer Literatur einhergehen. Im Anschluss daran vertieft sie das Thema im Gespräch mit Marlon James. Die Frage der (verschiedenen) Sprachen ist von zentraler Bedeutung für alle, die karibische Literaturen erforschen; im Panel The Only Way to Find Your Voice is to Use It gehen Ingrid Persaud und Lafleur Cockburn der Frage nach, wie die Vielfältigkeit der Sprachen, kreolischen Mundarten und Dialekte Sprachhierarchien untergräbt und Stimmen zu Vorschein bringt, die unmissverständlich ihre Position vertreten. Vladimir Lucien und Rhea Ramjohn nehmen in The Rhythm of Remembrance die Lyrik als Ausgangspunkt, um der Korrelation zwischen dem Rhythmus gelebter Erfahrungen und der Erinnerung auf den Grund zu gehen. Die Beziehung von Geschichte, Macht, Politik und historischen Vermächtnissen untersuchen Jennifer Richard und Cristina Bendek in Reimagining Temporalities, während Kei Miller und Ada M. Patterson die Möglichkeiten ins Auge fassen, die sich auftun, wenn der Körper seinen eigenen Rhythmus, seine eigene Politik zu bestimmen vermag. Sharmaine Lovegrove diskutiert im Gespräch mit Annie Paul Modelle der Inklusivität, wenn es darum geht, sich in den fortwährend neu entstehenden Sprachen, kreolischen Dialekten und Oralituren zurechtzufinden und sie zu veröffentlichen. Isis Semaj-Hall kuratiert und führt durch eine Open-Mic-Nacht, in der die Bedeutung von gesprochener Sprache und Migration für die Ausformung von Identitäten verhandelt wird. Dancehall versteht sich hier als mündlicher Ausdruck und literarischer Soundtrack des Abends.

Die Veranstaltungen finden auf Englisch statt. Wo im Programm angegeben, wird Gebärdensprache angeboten.

Informationen zu Middle Ground in Deutscher Gebärdensprache (DGS):

Video

Video: Handgold Service in Gebärdensprache / Mandy Wyrostek