Aboubakar Fofana setzt sich seit Jahren intensiv mit einem Phänomen auseinander, das er als Dualitäten bezeichnet. Seine Überlegungen gehen von einem Gleichgewicht zwischen scheinbaren Gegensätzen aus: Erde und Himmel, Leben und Tod, weiblich und männlich, Luft und Wasser, westliche und nicht-westliche Kulturen, Farbstoff und Faser, Textil und Haut. Dieses Interesse führt der Künstler auf seine Großmutter zurück, eine Heilerin und Künstlerin, die mit Farbstoffen arbeitet und ihn mit diesen Praktiken vertraut machte. Indigo mit seinen vielen Assoziationen – als Farbstoff, als Heilmittel, als ganzheitliches soziokulturelles Identifikationsangebot und als Philosophie – steht im Zentrum von Fofanas Praxis. In der Bambara-Kosmogonie gibt es mindestens zwölf Blautöne, denen jeweils eine bestimmte Bedeutung, Philosophie und soziale Zuordnung beigemessen wird. Dazu gehören baga fu (Blau des Nichts), baga kènè (lebendiges Blau), baga djalan (selbstbewusstes Blau) lomassa (göttliches Blau) und lomassa dunné (tiefes göttliches Himmelblau). In Anlehnung an dieses breite Spektrum werden die von Fofana verwendeten Kleidungsstücke zu Trägern, Identifikatoren und therapeutischen Werkzeugen – trägt jemand ein Kleidungsstück, werden die Eigenschaften der Farben auf den Körper übertragen. Dementsprechend ist sich Fofana der Rolle, die er nicht nur als Künstler, sondern auch als Hüter von Wissensbeständen und Kulturen spielt, sehr bewusst. In Mali, wie auch in anderen Kulturen, in denen Indigo von Bedeutung ist, definiert und markiert der Farbton wichtige Stationen des Lebens und sogar des Todes. Wenn etwa ein Körper in ein indigofarbenes Leichentuch eingewickelt wird, übernimmt es seine Rolle als „Le compagnon pour la dernière demeure“ (Begleiter für die letzte Ruhestätte), wie Fofana es ausdrückt. In diesem Sinne lässt sich Fofanas Werk als Indikator von Umbrüchen und Grenzüberschreitungen im Leben und darüber hinaus verstehen.

Werk in der Ausstellung: Mood Indigo (2011), Textilien auf Naturfaserbasis, handgenäht und mit organischem Indigo gefärbt, 18 Stoffbahnen, je 100 × 192 cm. Courtesy Aboubakar Fofana