Monilola Olayemi Ilupeju bedient sich der Malerei, Literatur, Performance und Installation, um persönlichen Erfahrungen von Zusammenhalt, Gewalt und Heilung vor dem Hintergrund allgemeinerer Fragen der kulturellen Identität und deren Verzerrungen Ausdruck zu verleihen. Die hier präsentierten Gemälde auf Rinds leder befassen sich mit Frauen, die aus Westafrika ihre Flechttraditionen mitgebracht und Salons gegründet haben, die zu Zufluchtsorten für Migrantinnen unterschiedlichster Herkunft wurden. Die Sorgfalt, die in das Flechten von Haaren gesteckt wird, erlaubt eine Reflexion über Vorstellungen von Gastfreundschaft, die Reisende brauchen, wenn sie in einer neuen Umgebung ankommen. Box Braids at Uncle Arba’in (2024) zeigt die Künstlerin, wie sie sich bei ihrem ersten Besuch in Nigeria im Juli 2023 die Haare flechten lässt. Kurz vor ihrer Rückreise nahm sie an einer islamischen Gebetszeremonie, einer Arba'in, für den vierzig Tage zuvor verstorbenen ältesten Bruder ihres Vaters teil. Sie erinnert sich an den intimen Moment, in dem ihre Tante und andere Gäste sich um ihr Haar kümmerten, eine Aktivität, die inmitten der feierlichen Riten stattfand. Die Künstlerin hält hier einen der vielen Situationen fest, in denen sie bei dieser Reise das Gefühl hatte, angekommen zu sein. V. & Blue Tree (2024) zeigt die Mutter der Künstlerin, die kürzlich in den USA angekommen ist, in einer häuslichen Umgebung. Ihr zweideutiger Gesichtsausdruck lässt verschiedene Spekulationen zu: Handelt es sich hier um ihr Heim und ist sie die Gastgeberin oder nicht? Welche Formen unsichtbarer Anwesenheit verbergen sich hinter dem Augenscheinlichen? Die Frau könnte ebenso eine Reisende oder ein Gast sein, und wäre das der Fall, welche Ahnenwesen stünden ihr dann zur Seite?

dust floating above my head like gnats in a daze (2024) ist eine so zarte wie ambivalente Darstellung eines Mohnfeldes – eine Pflanze von großer Schönheit und Heilkraft, aber auch Quell von unsagbarem Schmerz, der aus dem Missbrauch ihrer narkotischen Derivate rührt. Im Kontext von Musafiri: Von Reisenden und Gästen spielt das Werk nicht zuletzt auf den Warencharakter dieser äußerst begehrten Produkte an. Der Handel mit Mohn hat diverse geopolitische Verwerfungen und Kriege teils begleitet, teils gar ausgelöst. Zu nennen wäre hier das von Großbritannien über die chinesischen Grenzen geschleuste Opium, das das jahrhundertealte Handelsungleichgewicht zwischen China und dem Rest der Welt effektiv aushebelte und in die katastrophalen Opiumkriege von 1839 bis 1860 mündete. Auch die verheerenden Konflikte in Myanmar oder Afghanistan seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts bis in die Gegenwart wurden geschürt vom Handel mit dieser Pflanze – die auch im Zentrum vieler anderer globaler Reiserouten und Kartografien mit oft gewalttätigen Auswirkungen auf die ganze Welt steht.

Werke in der Ausstellung: dust floating above my head like gnats in a daze (2024), Öl und Pyrografie auf Rindsleder, 24 × 30 × 4,5 cm. Courtesy Li HE, Hong Kong; Box Braids at Uncle Arba’in (2024), Öl und Pyrografie auf Rindsleder, 185 × 125 × 4,5 cm. Privatsammlung Reiner Owezarek; V. & Blue Tree (2024), Öl und Pyrografie auf Rindsleder, 18 0 × 225 × 4,5 cm. Privatsammlung Reiner Owezarek