Roy Dib

Roy Dib, Mondial 2010 (2014), Videostill. Courtesy Roy Dib
Roy Dibs Arbeit mit Bild, Performance und Film bewegt sich zwischen dem Archivalischen und dem Fiktionalen, stellt persönliche Geschichten in den Kontext von Politik und Ort. Mondial 2010 (2014) folgt der praktisch unmöglichen Reise eines Paares von Beirut nach Ramallah und zeichnet einen Weg zwischen zwei nahegelegenen Städten nach, die durch die israelische Besatzung getrennt wurden. Von Bekannten des Künstlers mit einer Handkamera gedreht, nimmt das Videomaterial in seinen Händen die Form eines Reiseberichts über Gegenden an, in denen Bewegung unterbrochen, versperrt und überwacht wird. Stattdessen wird die Kamera zu einem Transportmittel, das aufgezwungene Grenzen überquert und Möglichkeiten eines Miteinander schafft. Das Paar selbst ist nie auf dem Bildschirm zu sehen, das Publikum folgt lediglich ihren Gesprächen. Sie plaudern, streiten und verhandeln über die Ausweitung der Grenzen, die ihnen gesetzt sind, um ihre homosexuelle Beziehung auszuleben. Verwoben mit dem intimen Austausch der beiden Männer macht das Video den Alltag in Ramallah und die Bedingungen von Gewalt und Gegenwehr sichtbar, die ihn prägen: Das Paar trifft Freund*innen, bewegt sich durch vertraute Orte und sieht sich die Fußballweltmeisterschaft an, die hier als Marker für die Absurdität der Globalisierung in einem Kontext fungiert, in dem benachbarte Orte durch Infrastrukturen der Besatzung getrennt sind. In einem anderen Moment filmen die beiden palästinensische Demonstrant*innen, die sich israelischen Besatzungssoldat*innen und Kontrollpunkten entgegenstellen, während im Hintergrund Siedlungen zu sehen sind. Als einer der Männer mit Ramallah konfrontiert wird, sagt er: „Vielleicht hätte es die Stadt bleiben sollen, die ich immer besuchen wollte, ohne es je zu schaffen.“ Womöglich bringt er damit das Unbehagen über Ramallahs unheimliche Vertrautheit und die zugleich aufgezwungene Distanz zu Beirut auf den Punkt. Das Video bewegt sich zwischen einer persönlichen und politischen Ebene und erkundet damit das Sujet der Intimität und ihrer geopolitischen Bedeutung.
Werk in der Ausstellung: Mondial 2010 (2014), 1-Kanal-Video, 19 30". Courtesy Roy Dib