Assaf Gruber
Never Come Back taucht archäologisch tief in die dunklen Seiten der Bewusstseins- und Gedächtnisstrukturen europäischer Kultur ein – hier stellvertretend anhand eines Kunstmuseums, der Neuen Galerie in Graz. Ein nackter Akkordeonspieler wandert durch die Lagerräume des Museums und zieht mittelmäßige, stimmungsvolle Gemälde heraus, die folkloristische europäischen Szenen und Landschaften darstellen, teils von Tieren bevölkert. Die Bilder changieren in beklemmender Weise zwischen ländlichem Idyll und einer nationalsozialistisch instrumentalisierten Vorstellungswelt. Der Akkordeonspieler jedenfalls scheint in den Gemälden Inspiration zu suchen, die er schließlich auch findet: Die unerkennbaren Töne, die er im ersten Teil des Films noch zaghaft spielt, verdichten sich schließlich zu einer Version von Voyage, Voyage, dem paneuropäischen Pop-Oldie von 1986. Unterlegt von Szenen und Nahaufnahmen der Gemälde offenbart sich der zutiefst verstörende Liedtext – den wohl kaum jemand beachtet hatte. Diese Gemälde wurden tatsächlich von enthusiastischen Nazis geschaffen, deren Werk nach wie vor in den Lagern der Museen aufbewahrt wird. Der Liedtext transportiert einen erschreckenden Exotismus, ein Verlangen danach, im Geist des europäischen Imperialismus die Welt in Besitz zu nehmen und zu konsumieren. Der Titel des Films geht auf eine Zeile aus dem Lied zurück, birgt aber auch einen unheimlichen Verweis auf die Geister des Nazismus und Kolonialismus, die noch immer in Europa umgehen. Neben dem Video zeigt The Conspicuous Parts eine unheimlich anmutende Fotoserie Korallen in scheinbar natürlichen Landschaften, die in Wirklichkeit in Formaldehyd konservierte Dioramen sind. Sie sind Relikt eines anderen überraschenden kolonialen Abenteuers: einer Expedition der Deutschen Demokratischen Republik nach Kuba in den 1960er Jahren, bei der sechs Tonnen Korallen erbeutet wurden.
Werke in der Ausstellung: Never Come Back (2022), Videoinstallation; The Conspicuous Parts (2018), C-Prints, variable Maße. Courtesy Assaf Gruber