Gespräche sind ein Eckpfeiler des diskursiven Segments des Sonic Pluriverse Festivals: Terapia. Durch die Förderung des Dialogs spielen diese Diskussionen eine entscheidende Rolle bei der Bereitstellung eines wesentlichen Kontexts für nachfolgende Konzerte, aber auch bei der Verstärkung von Stimmen und der Artikulation von Erfahrungen, Themen und Klängen, die marginalisiert oder übersehen wurden. In dieser Reihe schaffen Künstler*innen des Sonic Pluriverse Festival eine Plattform, um über ihre Praktiken zu diskutieren und mit Gastkünstler*innen in einen Dialog zu treten, um gemeinsame Erfahrungen zu besprechen und klangliche Erkenntnisse mit dem Publikum auszutauschen. Diese Live-Gespräche werden aufgezeichnet und archiviert, um einen Beitrag zu den Veröffentlichungen des Festivals zu leisten und eine vierteilige Podcast-Serie zu produzieren.

Aziza Brahim und Talia Vega León erkunden an diesem Gesprächsabend gemeinsam, auf welche Weise ihre jeweiligen musikalischen Karrieren mit Fragen von Identität, Migration und kulturellen Ausdrucksformen verknüpft sind. Aziza Brahim, deren Leben und Musik zutiefst von ihrer saharauischen Herkunft wie von Vertreibungserfahrungen geprägt sind, spricht über die Verschmelzung verschiedenster Klangpraktiken aus westafrikanischen, iberischen, mediterranen und afrokubanischen Musiktraditionen, einem ihrer Herzensanliegen. Talia Vega Léon, Ko-Kuratorin der Initiative Radical Sounds Latin America, spricht über ihre Leidenschaft, Plattformen und Räume für den Austausch zu schaffen, die sich mittels experimenteller Musik der Zelebrierung und Transformation lateinamerikanischer Identität widmen.

Gemeinsam untersuchen die beiden, welche Wirkmacht Musik im Hinblick auf die Überschreitung von normativen und repressiven Grenzen, die Ermöglichung von Dialog und die Bestätigung kultureller Identitäten entfalten kann, und wie sie sich zugleich kultureller Auslöschung und Marginalisierung widersetzt. Ihr Gespräch beleuchtet, wie ihre persönlichen Erfahrungen und Initiativen in einzigartiger Weise zu einer vielseitigen und inklusiveren globalen Musikszene beitragen, die auf Resilienz und Ermächtigung gründet.

Aziza Brahims Leben wurde durch die Vertreibung und politische Unterdrückung der saharauischen Bevölkerung geprägt, die auf Marokkos Invasion der Westsahara im Jahr 1975 folgten. Sie flüchtete als Teenagerin nach Kuba, entdeckte dort ihre Leidenschaft für Songwriting und lebt mittlerweile in Barcelona. Brahims Musik ist eine kraftvolle und nuancierte Mischung aus unterschiedlichen Musikkulturen, mit Elementen aus westafrikanischen, iberischen, mediterranen und afro-kubanischen Traditionen. Ausgehend von ihrem saharauischen Erbe lässt sie in ihre Kompositionen oft die hypnotischen Klänge des Haul einfließen – Gesang begleitet von Tabal-Rhythmen –, die ihr als Mittel des Ausdrucks ihrer Kultur und Identität dienen. Als Songwriterin, Sängerin und Instrumentalistin wurde Brahim zu einer prominenten und wortgewandten Sprecherin des saharauischen Volkes und seines ständigen Kampfes um Anerkennung und Gerechtigkeit.

Talia Vega León ist Kuratorin und Kreativdirektorin der in Berlin ansässigen Initiative Radical Sounds Latin America, die seit sechs Jahren mit einer Plattform und einem Festival die experimentelle lateinamerikanische Musik feiert. Die Initiative fördert einen fortlaufenden inklusiven Dialog über Migration, indem sie online und offline Räume für all jene schafft, die mit ihren musikalischen und künstlerischen Fertigkeiten Vorstellungen von Identität und Zugehörigkeit hinterfragen.