Papa, weißt du, welche Gemeinsamkeiten der Algerienkrieg und Alkohol haben? 
Schweigen, Tabu und Scham. 
–Yasmine Yahiatène

Als sie ein Kind war, sah das Mädchen, das diese Worte schrieb, ihren Vater als Helden an. Die Art von Held, wie sie einer werden wollte, wenn sie erwachsen wäre. Und dann forderte die Zeit ihren Tribut. Die Tochter wuchs heran, und der Held wurde alt, versank nach und nach in den Ritzen seines eigenen Gedächtnisses, in den gewundenen Furchen des Lebens, als ob er etwas suchte, etwas Versäumtes nachholte oder sich selbst vergaß. Bis zu dem Tag, an dem die junge Frau beschloss, alle Verbindungen zu kappen und ihren Vater nie wieder zu sehen. Schritt für Schritt löschte sie ihn aus ihren Erinnerungen aus, wie eine alte Zeichnung, die langsam verblasst ...

In dieser rauen Solo-Performance begibt sich Yasmine Yahiatène auf die Spuren ihres Vaters Ahmed, dessen Verlust sie verkraften musste, obwohl er noch lebte. Mit Video und Mapping als Rohmaterial und Spielpartner lotet sie die Risse in dieser schmerzhaften, unterbrochenen Beziehung aus und versucht, zwischen den Fragmenten des Erbes, das sie in sich trägt und das so unzugänglich zu sein scheint, einen Weg zurück zu finden. Von persönlichen Archiven bis hin zu historischen Dokumenten vermischen sich die Bilder, und Ahmeds Erinnerung wird bruchstückhaft rekonstruiert: seine kabylische Herkunft, sein Exil in Frankreich während der Revolution, der Verlust seiner Muttersprache, die er aufgab, als er sich allmählich in die Kultur der Kolonialmacht assimilierte. Aber es gibt auch Momente des Jubels: wie die Erinnerung an das Finale der Fußballweltmeisterschaft der Männer 1998 und die beiden Tore von Zinedine Zidane. Das Ergebnis ist ein Bericht über eine französisch-algerische Erinnerung voller Narben. Zwischen diesen beiden Ufern dient der Alkohol als schlechtes Mittel gegen die emotionalen Auswirkungen dieser zersetzten Vergangenheit.

Durch ein subtiles Zusammenspiel von mündlichen Beschwörungen und visuellen Überlagerungen schlüpft Yahiatène in die Lücken ihrer Familiengeschichte und verwandelt die Bühne in einen Ort der Untersuchung und Wiedergutmachung. Indem sie diese Abfolge von Traumata und Wunden, die von Generation zu Generation weitergegeben werden, aufgreift, nutzt sie die Kraft von Worten, Bildern und Fiktion, um ihre eigene Geschichte zu rekonstruieren und neue Wege der persönlichen und kollektiven Resilienz zu definieren.

Diese Veranstaltung ist Teil des Programms Über Fußball und das Theater kollektiver Körperbildung.

Konzept, Direktion, Performance: Yasmine Yahiatène
Dramaturgin und Regieassistentin: Sarah-Lise Salomon Maufroy
Künstlerische Mitarbeiterinnen und Koproduzentinnen : Olivia Smets & Zoé Janssens
Komponist: Jérémy David
Video: Samy Barras
Video und Beleuchtung: Samy Barras & Estefania Bigatti Huygen (abwechselnd)
Lichtdesign: Charlotte Ducoussu

Begleitung, Vertrieb und Projektentwicklung: Ad Lib · Support d’artistes

Ein Gastspiel am Haus der Kulturen der Welt (HKW)
Das Gastspiel wurde produziert von Yasmine Yahiatène / Delegate production l’Atelier 210 sowie weiteren Koproduzent*innen und Unterstützer*innen:
In Koproduktion und Kopräsentation mit dem Kaaitheatre
In Koproduktion mit BUDA Kunstencentrum, Little Big Horn asbl, la Coop asbl und ShelterprodIn
Mit Unterstützung der Fédération Wallonie-Bruxelles / Service du Théâtre, der Stadt Bruxelles / Bourse Kangouroe und Vlaamse Gemeenschap Commissie
Mit Unterstützung von Kunstenwerkplaats, Citylab, Darna asbl, Centre Wallonie-Bruxelles Paris, Montevideo – Centre d’art, Espace Senghor, Cie L’hiver nu, Le Sillon Lauze, taxshelter.be, ING & the Belgian Tax Shelter