Diese Keynote geht von dem durch den haitianischen Soziologen Jean Casimir entwickelten Konzept der counter-plantation (Gegenplantage) aus. Er argumentiert, dass dieses Bezugssystem grundlegend für das Verständnis des Widerstands gegen koloniale Ausbeutung und für das Streben nach wirtschaftlicher Autonomie in Haiti sei. Casimir betont zudem die Wichtigkeit des Erhalts des kulturellen Erbes und die Rückeroberung von Land und Arbeit von den Nachwirkungen der Plantagenwirtschaft. Er setzt sich für gemeinschaftsbasierte Traditionen und landwirtschaftliche Praktiken ein, die den Bedürfnissen der lokalen Bevölkerung Vorrang vor globalen kapitalistischen Anforderungen einräumen. 

Casimir, Marlène L. Daut und Célestin Monga sind sich der Notwendigkeit der vertiefenden Befassung mit diesem Thema bewusst. Sie zeichnen die Strategien der Unterentwicklung nach, die im Rahmen postkolonialer Geopolitik gegen die haitianischen Nationen eingesetzt werden. Gemeinsam entwirft das Trio ein Narrativ der Hoffnung und der Widerstandsfähigkeit, in dessen Rahmen Haiti mit der Unterstützung durch die unterschiedlichen Länder des sogenannten Globalen Südens dank Solidarität und Selbstversorgung gedeihen kann.

Casimir, Daut und Monga erweitern so den Begriff der counter-plantation und bauen auf der Dringlichkeit des Aufbaus wirtschaftlicher Solidarität zwischen afrikanischen ebenso wie verschiedenen karibischen Nationen auf, um die Verworrenheit postkolonialer Wirtschaftsstrukturen und das Potenzial für transformative Veränderungen zu erforschen. Indem sie sich mit der politischen Geschichte und Gegenwart Haitis auseinandersetzt, stellt diese Bwa-Kayiman-Sitzung die Frage: Wie sähe die wirtschaftliche Situation Haitis heute aus, wenn die gesamte Welt ihre Schuld gegenüber dem Land anerkannt hätte?