Nach Angaben des mosambikanischen Arbeitsministeriums wurden im Zuge der deutschen Vereinigung knapp 17.000 seit 1979 in der DDR lebende mosambikanische ‚Vertragsarbeiter‘ und ‚Vertragsarbeiterinnen‘ zur Rückkehr in ein vom Bürgerkrieg zerstörtes Land gezwungen, die meisten von ihnen ohne das ihnen zustehende Arbeitsentgelt oder eine Abfindung zu erhalten. Die Ausbildung, die viele der sogenannten madgermanes ­­­– ein Begriff mit vielen Wurzeln, der heute zumeist in Anspielung auf „Made in Germany“ verstanden wird – in Deutschland erhalten hatten, war und ist angesichts der Lage in ihrem Herkunftsland wertlos. Ein signifikanter Teil ihrer Löhne wurde in der DDR einbehalten und sollte ihnen nach ihrer Rückkehr in Mosambik ausgezahlt werden. Die ‚Vertragsarbeiter‘ erhielten ihren einbehaltenen Lohn jedoch nicht. Stattdessen soll das Geld in der DDR verblieben sein, um mosambikanische Staatsschulden auszugleichen. Es wurde bis heute nicht restlos ausgezahlt.

In Maputo kommen immer noch jede Woche madgermanes zusammen, um für Gerechtigkeit zu protestieren. Ihre Geschichten sind innerhalb der Ausstellung Echos der Bruderländer. Was ist der Preis der Erinnerung und wie hoch sind die Kosten der Amnesie? Oder: Visionen und Illusionen antiimperialistischer Solidarität unter anderem in Euridice Kalas künstlerischer Position A moment in between 33 years of protest (2023-24) festgehalten.

Einige wenige ehemalige mosambikanische ‚Vertragsarbeiter‘ blieben aber auch in Deutschland – unter ihnen Adelino Massuvira João, Emiliano Chaimite und Ibraimo Alberto – und setzen sich heute innerhalb des Fortsetzungsausschusses „Respekt und Anerkennung“ gegen historische Ungerechtigkeit zur Wehr. Im Magdeburger Memorandum [PDF], das in der Ausstellung als Teil der Thematischen Resonanzen im Sylvia Wynter Foyer des HKW ausgestellt ist, formulierten sie 2019 Missstände sowie Empfehlungen und Lösungsvorschläge. 2021 sprachen sich über einhundert Wissenschaftler*innen in einem offenen Brief an die Bundesregierung für Entschädigungszahlungen an die sogenannten madgermanes aus.

Die anhaltenden Proteste ehemaliger ‚Vertragsarbeiter‘ aus Mosambik beziehen sich jedoch nicht nur auf die nie erfolgte Entlohnung ihrer Arbeit, sondern auch auf die zerrissenen Leben: Familien- und Freundschaftsbande wurden abrupt durchtrennt und in vielen Fällen für immer beschädigt. Das Freiwilligennetzwerk Reencontro Familiar, das 2006 gegründet wurde und heute von Fatima Woznica mitgeleitet wird, bemüht sich in Deutschland und Mosambik um die Zusammenführung der Familien, die damals getrennt wurden und sich oftmals nie wiedersahen.

Am Sonntag, 21. April 2024, führen Ibraimo Alberto, Emiliano Chaimite, Adelino Massuvira João und Fatima Woznica ab 14:00 Uhr durch Teile der Ausstellung und kommen um 15:00 Uhr in der Beatriz Nascimento Halle zu einer von Julia Oelkers moderierten Podiumsdiskussion zusammen, die sich ihrem politischen Aktivismus und dessen Status in der deutschen Öffentlichkeit widmet. Die Podiumsdiskussion soll im zweiten Teil dialogisch geöffnet werden, um im Gespräch mit dem Publikum Fragen offen zu diskutieren und Distanzen zu überwinden.