Listening to the World – 100 Jahre Radio

2023 wird der Rundfunk in Deutschland 100 Jahre alt. Anlässlich dieses Jubiläums beschäftigt sich das Projekt Listening to the World – 100 Jahre Radio mit dem Hören als globalem Phänomen. Es würdigt die Vielseitigkeit des Radios: Vernetzung, Kommunikation, Kulturprägung, Machtdynamiken, Protest, künstlerisches Mittel und Information. Im Zentrum stehen dabei Fragen nach den Wechselwirkungen von Radio, Kultur, Einstellungen (belief-systems) und Geschichtsschreibung: welche Formen des Zuhörens gibt es und wie wurden sie durch Systeme wie das der Kolonialisierung bestimmt? Wie hat das Radio Biografien und gesellschaftliche Entwicklungen geprägt?

Die Bauhaus.Listening.Workshops nehmen Radiogeschichte(n) in Südamerika, im südlichen Asien und im südlichen Afrika in den Blick und loten unter anderem die Potenziale des Zuhörens für eine zukünftige Welt aus. Nach Workshops in Montevideo  (März 2023) und Manila/Sagada (August 2023) und ausgehend von den dort gemachten Erfahrungen lädt das HKW nun dazu ein, die diverse und vielfältige Welt des Radiohörens zu erkunden.

Dabei geht es um die Auflösung geopolitischer Territorien und die Neuerschaffung radiophoner Räumlichkeiten. Radio sendet und empfängt über weite Distanzen und Grenzen hinweg. Mit dem Internetradio entstehen noch einmal ganz neue Verbindungen. Gleichzeitig ist das Hören und Machen von Radio auch immer lokal, trägt zur Bildung von Gemeinschaft und Identitäten bei und erschließt neue transkulturelle Räume. Darüber hinaus reflektiert Listening to the World – 100 Jahre Radio Machtstrukturen, Formen des Widerstands und kulturelle Prägungen mit sowie durch Radio und das Hören in Geschichte und Gegenwart. Wie wurde das Radio für den Machterhalt bestimmter politischer Systeme instrumentalisiert und wie ist die Gegenwart noch immer davon geprägt? Wie sah und sieht Widerstand unter Einbezug von Radio an unterschiedlichen Orten auf der Welt aus und wie hört er sich an?

In Bauhaus.Listening.Workshops wird das Listening als bewusste Form des Zuhörens untersucht, welches Realitäten und Mythologien, Lokalitäten und Identäten offenbart und  verhandelbar macht. Eine Intervention im Stadtraum lädt dazu ein, sich aktiv in dem Spannungsfeld zwischen erklingenden Radioarchiven und der direkten Umwelt zu bewegen. Das Hören versteht sich dabei als physische Aktion, der Mensch als geprägter Körper, der ebenso Sender wie Empfänger ist. Eine Installation präsentiert Klanglandschaften und Radio-Utopien aus Südamerika. In Live-Performances wird Radio als künstlerisches Mittel eingesetzt, die politische Dimension von Radio und Klangarchiven sonifiziert und Protestmusik praktiziert. Verschiedene Geschichten und Perspektiven zu diversen Klangrealitäten, Praktiken des Hörens und des Radiomachens von unterschiedlichen Akteuren finden so Platz und konstituieren eine neue, radiophone Weltkarte. Ein abwechslungsreiches Radioprogramm begleitet die Veranstaltung, überträgt live Darbietungen und sendet darüber hinaus diverse Klänge und Beiträge.

Das Experimentelle Radio der Bauhaus-Universität Weimar sammelt die Workshop- und Forschungsergebnisse der Bauhaus.Listening.Workshops, sowie Beiträge der Besucher*innen während der Veranstaltung und stellt sie auf ihrer Transcultural Listening Map vor. Ein Preview dieser neuen Wissensplattform ist als Teil der Veranstaltung im HKW zum ersten Mal öffentlich zu sehen und zu hören. Das Material liefert wiederum die Grundlage für eine Podcast-Reihe auf Deutschlandfunk Kultur und für Produktionen in den beteiligten Ländern.

Ein weiterer Bauhaus.Listening.Workshop findet im März 2024 in Johannesburg statt. Für Herbst 2024 ist erneut eine Veranstaltung am HKW geplant, die sich dementsprechend auf das südliche Afrika sowie die verschiedenen Diasporen in Deutschland konzentriert.