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Listening to the World – 100 Jahre Radiokunst, Teil 2

Vorträge, Performances, Hörübungen, Installation, Musik, Live-Radio

19.10.2024

Visual Listening to the World – 100 Jahre Radiokunst

Grafikdesign: Iris Buchholz

100 Jahre nach der Ausstrahlung des ersten Hörspiels in Deutschland setzt sich Listening to the World – 100 Jahre Radiokunst mit Radio und Hörerfahrungen als globalen Phänomenen auseinander und nimmt deren weltumspannendes Netzwerk sichtbarer und unsichtbarer Verbindungen in den Blick.

Am 19. Oktober 2024 beleuchtet das Programm in vielfältigen Formaten Perspektiven und Praktiken aus dem südlichen Afrika und geografisch, politisch und klanglich verwandten Regionen. Die Rolle, die das Medium Radio im südlichen Afrika spielt, wirft grundlegende Fragen auf: Was kann Radio heute leisten? Wie lässt sich mit dem Medium künstlerisch intervenieren? In welchen Bereichen und aus welcher Perspektive?

Diesen Fragen lenken die Aufmerksamkeit auf andere Systeme der Wissensproduktion, die die verschiedenen Deutungen von Radio – verstanden als Technologie wie als kulturelle Form – entscheidend beeinflussen. Im persönlichen Erleben vieler Menschen sind Akte des Zuhörens eng mit Akten des Erinnerns verbunden: Klänge funktionieren auch als eine Form von Gedächtnis. In den genannten Regionen äußert sich das durch kreative Rituale, die eine Überfülle an subjektiven und politischen Bedeutungsebenen in sich tragen. Listening to the World begreift diese Akte des Zuhörens vor dem Hintergrund und als Teil kolonialer Traumata. Wie kann Radio als Technologie und als kulturelles Medium Aufarbeitung ermöglichen und deren heilende Wirkung verstärken?

Diesen Fragen widmet sich das Programm eingebettet in einen zwölfstündigen radiophonen Live-Austausch mit Communitys und Radiosendern in Kapstadt, Harare und Berlin. Ausgestrahlt von der experimentellen Radiostation Cashmere Radio im und aus dem HKW erprobt diese Live-Plattform kollektive Hörerfahrungen mit einem Fokus auf globale Gerechtigkeit und kolonial gebrochene Hörpraktiken. Wie lassen sich bereits existierende Heilungsprozesse identifizieren, die beispielsweise mit Radiokunst arbeiten? Wie können Communitys durch einen radiophonen Austausch gestärkt werden, der nationale Grenzen überwindet?

Das Medium Klang und spirituelle Medien, wie beispielsweise Heiler*innen, haben eines gemeinsam: Sie sind in der Lage, vorgegebene Grenzen und  Geographien zu überwinden und unterschiedliche  Elemente von ‚anderswo‘ in eine transformative Methode einzubeziehen. Könnten im gegenwärtigen historischen Moment Akte des Zuhörens ein Er-innern heraufbeschwören, wie es Ngũgĩ wa Thiong'o als Konzept formulierte – eine magnetische Anziehungskraft, die die verstreuten und zerbrochenen Teile des afrikanischen Wesens einsammelt?

Seit den 1960ern, als viele afrikanische Staaten ihre Unabhängigkeit erlangten, verbreitete sich Tsitsi Ella Jajis Konzept der Stereomoderne zufolge ein globales Gefühl des Schwarzseins vor allem über und durch Klänge. Der panafrikanische Klangraum des Black Atlantic entwickelte sich ebenfalls aus Klang und Musik und schuf so gemeinsame Formen des Denkens, Fühlens und des kulturellen Ausdrucks für Schwarze Menschen auf dem afrikanischen Kontinent, in der Karibik, in den USA und für die Schwarze Diaspora insgesamt. Eine Form klanglicher Heilung durch Erinnerung bildete den Kern dieser transnationalen Bewegung. Welche Bedeutung kommt kollektiven Hörerlebnissen zu, wenn sich Menschen um einen Radioapparat versammeln und mit einem ‚Anderswo‘ in Kontakt treten? Und was lässt sich durch solche Momente des gemeinschaftlichen Hörens und Erinnerns erreichen?

Info:
Orte: Bessie Head Foyer, Magnus Hirschfeld Bar, Haunani-Kay Trask Saal
Eintritt frei
Auf Englisch

Listening to the World – 100 Jahre Radiokunst, Teil 2 ist eine Fortsetzung von Listening to the World – 100 Jahre Radio (2023).