Carlos ‚Marilyn‘ Monroy

Tanz und Performance dienen dem multidisziplinär arbeitenden Künstler Carlos ‚Marilyn‘ Monroy als Basis, um über massenkulturelle Phänomenen zu reflektieren und zu untersuchen, wie Individuen, Bevölkerungsgruppen und Staaten mit Prozessen der Identifikation und Verkörperung umgehen. In seiner Arbeit kontrastiert er historische Unterdrückungsmechanismen mit dem kreativen, individuellen und kollektiven Widerstand kommunitärer Kunstformen wie populären Tänzen oder Folklore. Mit Hilfe von Verweisen auf die brasilianische Anthropophagie, die Remix-Kultur des 20. Jahrhunderts und die gemeinschafts orientierten Kulturen der Anden und der Karibik zieht Monroy Parallelen zwischen den Dilemmata des Urheberrechts in den Künsten und einem soziologischen Verständnis individueller Performativität, die auf bewusster Nachahmung fußen, geprägt von den Ahnen einerseits und dem spezifischen Kontext andererseits. Begriffe wie Imitation und Hommage werden hier durch eine Logik individueller „Re-Formance“ ganz neu definiert. Das in dieser Ausstellung präsentierte Werk O Museu da Lambada (2015) ist „Chico Oliveira“ gewidmet, so der selbstgewählte Name von Francisco Orcossupa Olivares, einem bolivianischen Straßen musiker, der einen wichtigen Beitrag zur Verbreitung der Andenmusik geleistet hat. Unter seinem Namen wurde der erste internationale Hit dieses Genres, Lambada (1989), registriert – ohne, dass er davon in Kenntnis gesetzt oder gar an dem Erfolg finanziell beteiligt worden wäre. Monroys Arbeit stellt klar, dass die französisch-brasilianische Band Kaoma für Lambada damals den afro-bolivianischen Song Llorando se Fue von Los Kharkjas – in der portugiesischen Version Márcia Ferreiras – plagiierte. Gleichzeitig trug der internationale Hype des Genres in den 1990er Jahren dazu bei, Brasiliens Image nach dem Ende der Diktatur in eines der „progressiven Freiheit“ umzuwandeln – wobei wiederum Oliveiras Geschichte eine zentrale Rolle spielte: ein Indigener aus der Arbeiterklasse, der nach Brasilien ein- und später wieder ausgewandert war. Der Erfolg des Liedes verweist einerseits auf die Bedeutung der Beiträge von Migrant*innen zur lokalen Identität und Kultur, andererseits zeigt er die Asymmetrien transnationaler kultureller Aneignung auf.

Werk in der Ausstellung: Llorando se Foi. O Museu da Lambada. In memoriam de Francisco ‚Chico‘ Oliveira (2015), Poster, Objekte, Videos , Schallplatten, Maße variabel. Courtesy Carlos ‚Marilyn‘ Monroy

Die vollständige Liste der Objekte in der Installation finden Sie hier.