Seit Langem berufen sich Bewegungen, die Anspruch auf Repräsentation und Verantwortung für die natürliche Welt erheben, auf Indigene Erkenntnistheorien. Sie verweisen auf die Tradition unterschiedlicher Gemeinschaften, auf die Erde selbst zu hören und mit ihr zu kommunizieren. Angefangen mit der Verankerung von Rechten der Natur in der ecuadorianischen Verfassung im Jahr 2008 wird dieses Ansinnen zunehmend in moderne Rechtsformen gefasst. In Anlehnung an diese Entwicklung gelang es einer Volksinitiative in Spanien, der Iniciativa Legislativa Popular Mar Menor, die Lagune Mar Menor durch das Gesetz 19/2022 zur Rechtsperson erheben zu lassen. Es war das erste Gesetz dieser Art in Europa. Heute gibt es weltweit mehr als 350 Gesetzestexte, die natürliche Entitäten wie Flüsse, Berge, Seen oder Wälder als Rechtspersonen anerkennen. Dem liegt ein tiefgreifender erkenntnistheoretischer und rechtlicher Wandel zugrunde, der einen Prozess zur Gründung einer „Erdversammlung“ bei der Generalversammlung der Vereinten Nationen in Gang gesetzt hat, an dem Naturschützer*innen, Aktivist*innen, Wissenschaftler*innen und eine Vielzahl von Organisationen und Einrichtungen beteiligt sind.

Die Earth Assembly erörtert die Möglichkeit eines regelmäßig einberufenen planetarischen Forums bei den Vereinten Nationen, um auf eine künftige Allgemeine Erklärung der Rechte der Natur hinzuarbeiten. Mit dem Übergang von einem anthropozentrischen zu einem erdzentrischen Paradigma will die Erdversammlung den Multilateralismus stärken, indem sie alternative ganzheitliche Ansätze auf der Grundlage unterschiedlicher Perspektiven diskutiert. Diese Bemühungen sollen zur Umsetzung der Agenda 2030 für Nachhaltige Entwicklung und zu anderen künftigen Initiativen beitragen.

Towards an Earth Assembly wurde als Begegnungsforum von Aktivist*innen und Wissenschaftler*innen konzipiert, nachdem die Erdversammlung bei den Vereinten Nationen, die gemäß der UN-Resolution 77/169 am 22. April 2024 hätte stattfinden sollen, verschoben wurde. Bei Vorträgen und Gesprächsrunden treffen sich Expert*innen, Aktivist*innen, Künstler*innen und Naturschützer*innen, um zu untersuchen, inwieweit die Rechte der Natur in der juristischen Infrastruktur verschiedener Länder berücksichtigt werden, und den Weg für die lang erwartete Erdversammlung bei den Vereinten Nationen freizumachen.

Die Zusammenkunft im HKW findet im Rahmen der Reihe A Participatory Planet statt und ist Teil einer laufenden Auseinandersetzung mit der Frage, wie sich ein egalitärer und nachhaltiger Umgang mit dem Planeten sowie Wege zu mehr Umweltgerechtigkeit finden lassen. Teresa Vicente, die an der Spitze der Iniciativa Legislativa Popular für die Anerkennung der Rechtspersönlichkeit des Mar Menor in Murcia stand, diskutiert gemeinsam mit Elisabeth Gallón Dostre, Alexander Rodriguez Mena und Erena Rangimarie Omaki Ransfield Rhöse und Lester Ransfield darüber, wie eine nicht-konsumptive, nicht-extraktivistische Beziehung zum Planeten aussehen könnte und welche pädagogischen Prinzipien dafür nötig sind. Wie lässt sich von der Natur etwas über ihre eigenen Bedürfnisse und Notwendigkeiten lernen?

Die Veranstaltung im HKW wird von Vicente mitorganisiert und ist Teil des Filmprojekts Aquel Verano del 22, das die Verbindungen zwischen Bergbau, Bauwesen und Agrarindustrie nachzeichnet. Diese Quellen der Verschmutzung haben die Ökologie des Mar Menor und des Campo de Cartagena in der Region Murcia im Südosten Spaniens negativ beeinflusst. Ausgangspunkt des Films ist die Ankunft der marokkanischen Archäologin Fátima in Cartagena im Sommer 2022. Sie erforscht, wie die Landschaft vom vorherrschenden sozioökonomischen Modell verwüstet wird.

Bitte beachten Sie: Mit einer Teilnahme an der Veranstaltung stimmen Sie der späteren Verwendung des aufgenommenen Filmmaterials zu.

Aquel Verano del 22 ist ein Film von Lorenzo Sandoval, produziert von Lucia Sapelli, nach einem Drehbuch von Dami Sainz Edwards und Lorenzo Sandoval, im Dialog mit Zineb Achoubie in der Rolle von Fátima; Sounddesign von Pedro André.