Die Keynote von Professor Y. S. Alone ist Teil von Disrupting Protected Ignorance, einer gemeinschaftlich kuratierten Versammlung in Widerstand gegen das Kastensystem, die im Rahmen von Bwa Kayiman – Tout Moun se Moun stattfindet. In seinem kritischen Vortrag hinterfragt Alone hegemoniale Formen der Repräsentation sowie den postkolonialen und dekolonialen Diskurs in Südasien und hebt die Werke von Künstler*innen hervor, die das praktizieren, was er in Anlehnung an die Lehren des sich gegen das Kastensystem einsetzenden Sozialreformers B. R. Ambedkar als ‚Ambedkarian Aesthetics‘ bezeichnet.

Die Menschen in Indien wurden Zeug*innen, wie bestimmte Arten des Verständnisses aus Kolonialzeiten mit der Historie des Landes und der Legitimierung kultureller Praktiken in der Gegenwart verbunden wurden. Die indische Gesellschaft ist in erster Linie eine hierarchische Kastengesellschaft, die undemokratisch agiert und deshalb das Konzept der Modernität als solches sowie die ihr innewohnenden Widersprüche sozialer, politischer, wirtschaftlicher und kultureller Natur infrage stellt. Alone vertritt die Ansicht, dass diese Widersprüche durch bildnerische Mittel niemals angemessen repräsentiert werden können, weshalb Kunstpraktiken zu transzendentalen Tätigkeiten reduziert werden. Er erläutert, dass das Konzept der Dekolonisierung selbst ein höchst problematisches Konzept ist und nur die Stimme der Privilegierten gestärkt hat. Kunstpraktiken gewinnen in modernen demokratischen Nationen an Wichtigkeit, weil sich durch sie normative Strukturen und ihre gegenständlichen Ausprägungen kritisch analysieren lassen, um das Phänomen von status-quoistischen Haltungen aufzudecken, die hinter den Mechanismen der Macht stehen. Alone erweitert sein Konzept der ‚geschützten Ignoranz‘, das für das Verständnis eben dieses Phänomens von zentraler Bedeutung ist.

Zugleich findet eine lebhafte politische Sensibilisierung für demokratische ästhetische Praktiken statt, die ihrem Charakter nach nicht-transzendentaler Natur sind. Diese Kunstwerke in der Tradition dessen, was Alone als ‚Ambedkarian Aesthetics‘ bezeichnet, weisen auf die inhärenten Widersprüche der Moderne hin. In ihnen wird die Praxis dessen, was in den Rang der Norm erhoben wird, hinterfragt und in seine Bestandteile zerlegt, um so ein Ökosystem zu kultivieren, das humaner und fortschrittlicher sowie eng mit den Rahmenbedingungen der konstitutionellen Demokratie verbunden ist. Alone zeigt, dass die in dieser Traditionslinie arbeitenden Künstler*innen nicht nur die Möglichkeit des ‚Seins‘, sondern auch des ‚Werdens‘ mit Leben füllen, indem sie das ambedkarische Denken nutzen, um historische Narrative des unilinearen Nationalismus zu durchbrechen.

Gajendran Ayyathurai, Initiator des akademischen Teilbereichs der Critical Caste Studies, wird auf Alones Vortrag antworten und eine Diskussion mit dem Publikum leiten. 

Die Keynote ist Teil von Disrupting Protected Ignorance, einer Reihe von Aktivierungen, die sich gegen das Kastensystem richten und gemeinsam von Sajan Vazhakaparambil Kolavan Kalyanikutty Mani mit Shaunak Mahbubani kuratiert wurden.