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Deberlinisierungskonferenz

Die Welt neu erzählen, eine Theorie der Praxis

heimaten

Konferenz

25.–27.4.2025

Am Ende des Jahrhunderts der Nationalismen in Europa und auf dem Höhepunkt der imperialen Expansion berief der Kanzler des Deutschen Reichs, Otto von Bismarck, 1884 in Berlin eine Konferenz ein, um die Aufteilung des afrikanischen Kontinents unter den industriellen und militärischen Mächten der Zeit zu organisieren. An der bis 1885 andauernden sogenannten Berliner Konferenz nahmen vierzehn europäische Länder, die Vereinigten Staaten und das Osmanische Reich teil. Ihr Hauptziel bestand darin, ihre extraktivistischen und kommerziellen Interessen zu sichern. Die Folge war eine tiefgreifende Zerstückelung der ursprünglichen politischen Strukturen Afrikas, die seine politische, wirtschaftliche und soziale Geschichte nachhaltig prägte.

Für Afrikaner*innen markierte dies den Beginn einer Ära des Widerstands und des Kampfs für ihre Selbstbestimmungsrechte. Die koloniale Durchdringung war durch ihre technologische und militärische Unterlegenheit möglich geworden. Doch die Feuerkraft der Kolonialmächte sicherte keineswegs die auf dem Papier vollzogene Aufteilung. Weder die militärische Kontrolle über die riesige Weltregion noch die kulturelle und spirituelle Unterwerfung ihrer Bevölkerungen waren garantiert.

140 Jahre nach diesem übermächtigen Ereignis erscheint es dringend notwendig, den Komplex kolonialer Aneignung zu entflechten, seine Nachwirkungen zu identifizieren und sein epistemologisches Erbe zu tilgen. Die Deberlinisierungskonferenz tut das an dem symbolträchtigen Ort, an dem dieser Komplex seinen Ursprung hat – in Berlin –, mit Aktivist*innen und Persönlichkeiten aus unterschiedlichen Bereichen: aus den bildenden und darstellenden Künsten, Film, Musik, Architektur, Literatur, Wirtschaft, Geistes- und Sozialwissenschaften sowie politischer Theorie.

Bereits vor einem Vierteljahrhundert entwarf Mansour Ciss Kanakassy, ein in Berliner lebender Künstler afrikanischer Herkunft, eine originelle Möglichkeit, dem Dilemma zu entkommen, das durch die Berliner Konferenz geschaffen wurde: Er gründete das Laboratoire de Déberlinisation (Deberlinisierungslabor). Im Laufe der Zeit entwickelte er Werkzeuge und Wege zur Emanzipation, indem er die Realität fiktionalisierte. Mansour Ciss Kanakassys Notfallkoffer umfasst unter anderem einen Global Pass, der die Bewegungsfreiheit in einer Welt erleichtert, die durch die Zwänge von Aufenthaltstiteln bestimmt wird, sowie den AFRO, eine Währung, die von Wechselkursgarantien und der Aufsicht durch Zentralbanken befreit ist. An der Schnittstelle zwischen künstlerischer Schöpfung und sozialer Kritik entsteht so eine Plattform der Reflexion über die Möglichkeiten von Neuerzählungen gesellschaftlicher Verbindungen innerhalb und außerhalb des postkolonialen Staates, in einer chaotischen Welt.

Die Deberlinisierungskonferenz schreibt diese performative Utopie fort, um die Bedingungen für alternative Erzählungen der Weltordnung und ihrer Zukunft zu überdenken – in einer transformativen Poetik der Beziehung zwischen kreativem und widerständigem Handeln, zwischen Geschichte, Erinnerung und Zukunft. Sie schafft zugleich Erfahrungsräume und Erwartungshorizonte.

Ibou Coulibaly Diop und Franck Hermann Ekra, Ko-Kuratoren der Deberlinisierungskonferenz

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