Steven Cohen inszeniert seit über drei Jahrzehnten radikale Interventionen im öffentlichen Raum, in Galerien und Theatern, die von seinen Erfahrungen des südafrikanischen Apartheidsregimes geprägt sind. Durch sie entwickelt Cohen ein Verständnis für die von Körpern ausgehende disruptive Kraft und Bedrohlichkeit, sobald sie Räume besetzen, aus denen sie ausgeschlossen wurden. Im Gespräch mit der interdisziplinären Künstlerin und Performance-Forscherin donna Kukama reflektieren die beiden Cohens Werdegang als Außenseiter, dessen Arbeit wiederholt unbefugt Grenzen überschreitet, Konventionen des Erlaubten im öffentlichen Raum auf die Probe stellt und die Tradition der Performance-Kunst im südafrikanischen Kontext und darüber hinaus erweitert.

Nicht eingeladen, unerwartet, unwillkommen, queer geboren: So wurde Cohen nach eigener Aussage zum Eindringling. Für Personen, die spüren, dass die Welt ringsum nicht für sie gemacht ist und sie sich ‚unbefugt‘ darin aufhalten, wird das bloße Überleben zum Synonym für Erfolg – und alles weitere zum Triumph. Ausgehend von Regionen der geistigen und körperlichen Innenwelt, von denen Cohen selbst annimmt, sie nicht betreten zu dürfen, schafft er ein Werk, das nicht aus Verletzungen, sondern Verteidigungen dieser Bereiche besteht. Indem sie eben nicht um Erlaubnis fragen, fordern die Performances zuallererst den Künstler selbst heraus – und damit stellvertretend alle anderen.

Die künstlerische Praxis von donna Kukama ist dezidiert ungehorsam. Sie fokussiert auf Institutionen, Denkmäler, Gesten des Protests, Gerüchte und flüchtige Momente, die ebenso real wie fiktiv sind. Indem sie zentrale und periphere Aspekte der Geschichte miteinander verwebt, bringt Kukama fragile Instanzen der ‚Fremdheit‘ in soziopolitische Kontexte ein und besetzt so Orte und Gebiete, um die Erinnerung an selten erzählte Geschichten anzuregen.

Der Titel des Gesprächs von Cohen und Kukama wurde von einem scharfsinnigen Obdachlosen aus Kapstadt übernommen. Er rief den Satz, in dem sich Ungleichheiten bezüglich Klasse, race und Gender ebenso wie persönliche und soziale Politika sowie subtiler Humor und Respektlosigkeit offenbaren, beim Anblick Cohens aus. Darin spiegeln sich genau die Grenzverwischungen, die Cohen mittels öffentlicher Performances, Kostümdesign und Ethos dokumentiert. Der wortschöpferische Untertitel, Steven Cohen, eine Sphinkterografie, verweist auf die Lebensgeschichte des Künstlers: die gelebten Erfahrungen im Innern eines von Gesetzen regulierten Körpers.