Forgive Us Our Trespasses / Vergib uns unsere Schuld
Von (un)wirklichen Grenzen, (Un)Moral und anderen Überschreitungen
heimatenAusstellung, Performances, Gespräche, Vorträge, Aktivierungen
13.9.–8.12.2024
Das Projekt Forgive Us Our Trespasses / Vergib uns unsere Schuld – Von (un)wirklichen Grenzen, (Un)Moral und anderen Überschreitungen lädt Künstler*innen, Wissenschaftler*innen, Aktivist*innen und andere dazu ein, über religiöse, soziale, klassenbezogene, nationale, sexuelle, disziplinarische und andere Formen des Überschreitens und Übertretens nachzudenken. Es handelt sich um ein Forschungs- und Ausstellungsprojekt, das die Frage nach der Normativität in den Vordergrund stellt und danach, von wem und für wen die Forderungen der Normativität gestellt werden. Das Projekt verwendet verschiedene Narrative des Übertretens und Überschreitens als Mittel des Widerstands – ohne um Vergebung zu bitten, denn man muss sich nicht dafür entschuldigen, ein*e ‚Gastarbeiter*in‘ oder deren Nachkomme zu sein; man muss sich nicht dafür entschuldigen, dass man Zuflucht sucht, besonders wenn die Rechte von Geflüchteten durch die Genfer Flüchtlingskonvention und das UNHCR garantiert sein sollen; man muss nicht um Vergebung dafür bitten, dass man nicht an den Gott eines anderen glaubt oder an seine eigenen Götter und Vorfahren; man muss nicht um Vergebung dafür bitten, dass man queer ist; man muss nicht um Vergebung dafür bitten, dass man sich für eine bessere Umwelt und Zukunft einsetzt, indem man Indigenes Land besetzt und dadurch zurückerobert, wie kontraproduktiv dies auch immer für Normativität behauptende kapitalistische Extraktionsbemühungen sein mag.
Das Projekt Forgive Us Our Trespasses / Vergib uns unsere Schuld – Von (un)wirklichen Grenzen, (Un)Moral und anderen Überschreitungen denkt über die realen und metaphorischen Dimensionen des Überschreitens von Grenzen als Mittel zur Behauptung der eigenen Rechte, der Menschlichkeit und der Gemeinschaft nach, das Überschreiten von Grenzen als Mittel des epistemischen Ungehorsams, als Mittel der Subversion innerhalb heteronormativer patriarchaler und ‚weißer‘ Vormachtstrukturen, die geschlechtliche, rassische, sexuelle und klassenbedingte Ungleichheiten propagieren.
Trespassing / Überschreiten ist eine Möglichkeit, eine Vielzahl von Stimmen, Körpern und Positionen körperlich, geistig und spirituell zusammenzubringen, um über die Konstruktionen von realen und irrealen Grenzen nachzudenken, über die Konstruktionen dessen, was als moralisch oder unmoralisch, ethisch oder unethisch, richtig oder falsch, gerecht oder ungerecht gilt. Indem es unsere Körper performativ den Risiken der Überschreitung aussetzt, lädt das Projekt auch dazu ein, über psychosomatische Interferenzen innerhalb bestimmter Räume nachzudenken, die für ‚normative‘ Körper reserviert sind. Die teilnehmenden Künstler*innen sind also eingeladen, das HKW zu betreten, seine Räume umzudeuten, die Rasenflächen zu besetzen, neue Gemeinschaftsflächen zu schaffen und sie für andere Eindringlinge bewohnbar zu machen.
Das Projekt stellt die Frage: Wenn die Norm von Natur aus exkludiert, ist dann möglicherweise das Abnormale inklusiv und gastfreundlicher? Und welche Rolle können Künstler*innen dabei spielen, das Abnormale als Methode zu imaginieren? Ein Abnormales, das sich nicht damit beschäftigt, etwas ungeschehen zu machen, sondern vielmehr damit, einer Vielzahl von Möglichkeiten des Nebeneinanders und Miteinanders und sogar des Ineinandergreifens Raum zu geben. Als Eindringlinge wählen wir den Weg der Diagonale, aber wir erkennen an, dass es Raum für alle anderen gibt, die vielleicht den anderen Weg über den rechten Winkel nehmen wollen.
Mit anderen Worten: In dem Projekt Forgive Us Our Trespasses / Vergib uns unsere Schuld – Von (un)wirklichen Grenzen, (Un)Moral und anderen Überschreitungen geht es darum, alles, was Normativität beansprucht, zu durchkreuzen und zu durchqueeren. Es geht darum, sich zu krümmen, die verschlungenen Pfade des Lebens zu beschreiten, sich zu verirren und wiederzufinden – es geht um den Irrweg als Methode.
Zum kuratorischen Statement
Mit Beiträgen von:
Ibrahim Ahmed, Esvin Alarcón Lam, Ana Alenso, Ulf Aminde, Myriam Omar Awadi, Casa Kuà, Mariana Castillo Deball, Isaac Chong Wai, Steven Cohen, Lizza May David, Victor Ehikhamenor, Jessica Ekomane, Theo Eshetu, Alfredo Esquillo Jr., FOKN Bois, Hikaru Fujii, Dani Gal, Surya Suran Gied, Patricia Gomez, María Jesús González, Olivier Guesselé-Garai, Dorothy Iannone, Leiko Ikemura, Mansour Ciss Kanakassy, Rebecca Pokua Korang, Ananias Léki Dago, Søren Lind, Antje Majewski, Shehzil Malik, Sliman Mansour, Babá Murah, I Gusti Ayu Kadek Murniasih, Nazanin Noori, Ahmet Öğüt, Tanja Ostojić, José Alejandro Restrepo, Felix de Rooy, Larissa Sansour, Ahlam Shibli, Sim Chi Yin, Nedko Solakov, Andrew Tshabangu, Linda-Philomène Tsoungui, Nasan Tur, Sandra Vásquez de la Horra