Hörner rufen. Masten senden. Satelliten fliegen. Diese Präsentation über die (post-)koloniale Gewalt der Infrastrukturen elektrischer Telekommunikation und den Widerstand dagegen ist aus einem transkulturellen Dialog hervorgegangen. Die Beteiligten beschäftigten sich mit Fragen der Hörbarmachung stummer Dokumente, der Aufdeckung von Gewalt und der Neuerzählung der Technologiegeschichte.

1911 wurde die erste drahtlose Telegrafieverbindung zwischen Windhoek (Namibia), Kamina (Togo) und Nauen (Deutschland) eingerichtet. Zum ersten Mal wurde drahtlose Telegrafie während des Kriegs und Völkermords an den Herero und Nama „getestet“[1]. Innovation und Ausbeutung bilden einen Kreislauf: Technische Innovation ermöglicht Ausbeutung, wodurch die Ausbeutenden Reichtum anhäufen, mit dem technische Innovation ermöglicht wird, die wiederum zur Ausbeutung eingesetzt wird. Seit mehreren tausend Jahren werden Hörner für die Kommunikation über weite Distanzen verwendet. Vielleicht war die Entwicklung von elektrischen Telekommunikationsapparaten nur auf der Grundlage des Wissens um diese uralten Kommunikationsmittel möglich. Heute verlaufen die Untersee-Glasfaserkabel entlang des Telegrafie-Kabelnetzes aus dem 19. Jahrhunderts. In Umlaufbahnen über der Erde kreisen 10.000 Satelliten, die aus hunderten unterschiedlicher Metalle und seltenen Gesteinen zusammengesetzt sind, die u.a. in Minen in diversen Regionen Subsahara-Afrikas abgebaut werden. Was bedeutet all das für die Kommunikationsinfrastruktur von morgen?

Ein performativer Vortrag mit Originaltönen und Hornmusik.

 

[1] Der Krieg wurde unter anderem dadurch ausgelöst, dass die Deutschen ohne Einverständnis der Herero eine Eisenbahnlinie von Tsumeb (im Norden Namibias) nach Swakopmund (an der Küste) genau durch deren Weidegründe bauten. Die Eisenbahnstrecke diente dem Transport des in Tsumeb gewonnenen Kupfers nach Europa. Dieses Kupfer wiederum war für Telegrafenkabel und elektrische Infrastruktur unverzichtbar.