Jurybegründung für die Preisträger / Übersetzer 2012

Mircea Cărtărescu: Der Körper
Aus dem Rumänischen von Gerhardt Csejka und Ferdinand Leopold
Paul Zsolnay Verlag 2011
(Orbitor II. Corpul, Humanitas, Bukarest 2002)

Mircea Cărtărescus Roman „Der Körper“ besticht durch seine Sprachkraft - ein Feuerwerk von seltener Intensität und Leuchtkraft. Aus kleinsten Wirklichkeitszellen - sei es eine Beobachtung, eine Erinnerung, ein Bild – entwickeln sich wuchernde Phantasiegebilde, die auf hypertrophe, hyperreale Weise Individuelles in Universales transzendieren. Der aberwitzig surreale Stil erbaut ein Sprachkunstwerk und erweitert den Kanon menschlicher Artikulationskunst. Cărtărescus Roman entführt Seite um Seite in eine gänzlich eigene Sprachwelt, er befragt die Fähigkeiten der Artikulation, türmt Syntaxberge auf, lässt darauf Metaphernkaskaden rollen.

Die Übersetzer Gerhardt Csejka und Ferdinand Leopold bringen mit syntaktischem und semantischem Gespür all dies im Deutschen zum Leuchten. Konsequent bleiben sie der drängenden Syntax von Cărtărescu auf der Spur. Und sie übersetzen, genauer: sie formen nicht nur die Spracherkundungen des Rumänischen nach, sondern übertragen das literarische Experiment in die deutsche Sprache hinein; denn sie wissen: die Sprache selber ist hier zum Denkereignis geworden. So entstanden „Glühfäden des Geschmacks“, „der Sonnenwind meines Lebens ... mit seinem kapriziösen Fransenraum“, „mystische Synapsen und engelgleiche Axone“ oder auch eine „Stimmritze wie ein Muschelfüßchen“. Csejka und Leopold haben sich Cărtărescus Werk in Geist und Buchstaben auf das Nächstmögliche angenähert – und damit wie nebenbei die hiesige Bildwelt und Vorstellungskraft vermessen, belebt und: bereichert.

Berlin 2012, verliehen durch

Bernd Scherer (für das Haus der Kulturen der Welt ) und
Jan Szlovak (für die Stiftung Elementarteilchen)